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[ Band 5 Brief 63: Caroline an Humboldt Berlin, 9. Dezember 1815 ]
gestern in die Stadt gekommen, die vorgestrige Nacht hat er noch auf seinem Gute geschlafen. Sobald ich Deinen Brief empfing, und da ich mich wirklich viel wohler fühle als Ende Oktobers und im Anfang des Novem- bers, sprach ich mit Wolfart wegen der Reise, die Du und ich so sehr wünschen. Er bat sich ein paar Tage zur Überlegung aus, sagte mir aber gestern abend, er könne es nicht gewähren, einmal könne er die magnetische Behandlung nicht so Knall und Fall ab- brechen, dann fürchte er auch ausnehmend die Kälte und müsse be- rechnen, daß ich Hin- und Zurückreise in der allerbittersten Kälte zu machen haben würde. Ich kann nicht leugnen, daß Wolfarts Ausspruch in Hinsicht auf die magnetische Behandlung mich sehr wundert, denn ich werde nur selten magnetisiert. Nur von Zeit zu Zeit läßt er mich eine Nacht magnetisch schlafen. Die Erquickung solcher Nacht, das Gefühl erhöhter Gesundheit und Lebensfülle, was ich dann aber auch in den nächsten Tagen habe, kann ich Dir gar nicht beschreiben. Ich muß hierbei eines Umstandes erwähnen, den ich nicht oder doch nur sehr leicht in meinen vorigen Briefen berührt haben mag, um Dich nicht zu beunruhigen. Vorgestern vor vier Wochen bekam ich nachmittags einen solchen heftigen Herzkrampf, daß ich auch von dem Augenblick an den ganzen Nach- mittag und bis Abend nichts mehr von mir gewußt habe. Ist dies nun die Krise des Übels gewesen? Ich muß es glauben, denn von da an, und nachdem ich die Mattigkeit, die mir in den nächsten Tagen davon blieb, überwunden hatte, von da an ging und geht es besser mit meiner Gesundheit wie den ganzen Sommer und Herbst hin- durch. . . . Seit drei Tagen ist nach dem gelindesten nebligen Wetter der heftigste Frost mit ganz heiterem Himmel und Ostwind eingetreten, der so hübsch durch alle Gebäude durchpfeift, daß man sich kaum im Zimmer erwärmen kann. 149