< zurück Inhalt vor >
[ Band 5 Brief 63: Caroline an Humboldt Berlin, 9. Dezember 1815 ]
Ach, liebes, gutes Wesen, teurer Wilhelm! Wie leid tut es mir, daß ich Dich noch nicht sehen soll. Die Reise nach Frankfurt hätte mir eine unendliche Freude gemacht und bis jetzt hoffte ich immer und immer, es könne sich noch so fügen. — Ich danke Dir für den Brief von Eichhorn, ja wohl lobt man Dich, und mit Recht, liebe, »klare, kalte Dezembersonne!« 64. Humboldt an Caroline Frankfurt, 15. Dezember 1815 Du kommst also nicht, mein innig geliebtes Herz! Ich ahn- dete es vorher und hätte mich, wenn Du gekommen wärst, gewiß die ganze Zeit für Deine Her- und Deine Rückreise sehr geängstigt. Allein so ist der Mensch. Jetzt hat es mir doch, wie Dir, unendlich leid getan. Aber ich billige durchaus, daß Wolfart Dich abgehalten hat. Die Kälte und die Unterbrechung der Kur hätten Dir unfehlbar geschadet, und nun werde ich Dich im Früh- jahr bei Deiner Ankunft in Paris ganz wohl und gesund wieder- sehen. Ich kann Dir nicht sagen, wie unendlich ich mich danach sehne. Du wunderst Dich vielleicht, daß ich nicht davon rede, vor meiner Rückkehr nach Paris zu Dir nach Berlin zu kommen. Gott weiß, wie gern ich es täte. Gewiß sage ich es auch nicht ab, weil es möglich ist, daß mir der Staatskanzler dazu selbst Veran- lassung gibt. Allein ohne dies mag ich es nicht tun. Viele Leute glauben, daß ich auf das Bleiben in Berlin hinsteure, was ich wahrlich nur tue, weil ihr am liebsten und bleibendsten in Berlin beisammen seid, alle wissen, daß ich ungern nach Paris zurückgehe. Da sag’ ich wie Kassandra: »Nicht wie ums Gebüsch der Vogel flattr’ ich, gebt Zeugnis dessen mir«, und stürze mich tête baissée in die Langeweile der mir unausstehlichen Pariser Gesellschaft, 150