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[   Band 5 Brief 59:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 30. November 1815   ]


Menschen durcheinander. Ich kenne nur bis jetzt einen alten Bischof
von Trier, einen Domdechanten, zwei bejahrte englische Fräuleins,
Frau v. Cüstine *) mit ihrem Sohn, ein paar Bundesgesandte.
Alle diese Vasallen versammelt Frau v. Holzhausen von Zeit zu Zeit
zu einem Tee, der, wie Caroline versichert, einzig sein soll. Der
Mann der Frau v. Holzhausen verachtet dies bürgerliche Gewerbe
und tut, als ginge es ihn nichts an. Er hat aber dafür eine Ge-
mäldegalerie, die meist aus Fragmenten besteht, denn wo ihm in
einem Gemälde eine Figur gefällt, läßt er sie heraussägen und kon-
serviert sie so. Ja manchmal duldet er nur ein Stück von einer
Figur und hat so mehrere Figuren ohne Kopf.
Auf der Reise habe ich zwar den Unfall gehabt, daß an
meinem Wagen drei Posten von Paris der Langbaum brach, so-
daß die Reparatur 500 Franken gekostet und 42 Stunden gewährt
hat, allein mich hat es nicht aufgehalten. Ich ließ Boisdeslandes
beim Wagen und setzte mich mit Flemming in ein von diesem ge-
kauftes Kabriolett. Kaum aber waren wir einige Posten weiter
gefahren, so brach auch dies. Der Zug hatte sich nun zerstreut,
und wir fuhren traurig im Schritt nach der Post zurück, die wir
eben verlassen hatten. Auf einmal kam uns eine Kurierchaise ent-
gegen, ich ließ anhalten, und siehe da, es war der Feldjäger des
Prinzen Wilhelm. Nun setzte ich mich zu dem und kam so kurz
nach dem Kanzler in Epernay an. Ich kann Dir nicht sagen, wie
froh es mich gemacht hat, so unvermutet bei Sternenschein einen
Menschen zu finden, der Dich erst vor wenigen Tagen gesehen hatte.
Wenn er wieder zu Dir kommt, so danke ihm noch für seine Aufnahme.
Am anderen Tag setzte ich mich in Jordans Wagen. Jordan
fährt immer mit dem Kanzler und läßt seinen Wagen leer

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*) Frau v. Cüstine, geborene v. Sabran, Schwiegertochter des Revo-
lutionsgenerals. Ihr Sohn Astolphe Marquis de Cüstine, geb. 1793, † 1857,
war 1814 beim Wiener Kongreß, 1815 in Frankfurt a. M.

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