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[ Band 5 Brief 59: Humboldt an Caroline Frankfurt, 30. November 1815 ]
her zu schreiben, weil dann Flemming und Boisdeslandes ausziehen. Das Schlimme aber ist, daß dieser Palast eigentlich ein Gartenhaus ist, das überall Fenster und dann nur eiserne, gleich glühende (was Du nicht liebst) und dann kalte Öfen hat. Eine andere Wohnung zu finden, würde schwer halten. Wüßte ich indes, daß Du kämst, so ließe ich auch vielleicht Flemming und Boisdeslandes allein im Sommerhause und zöge mit Dir auf so lange in einen Gasthof. Prüfe Dich also nur, aber unternimm ja nichts zu Gewagtes für Deine Gesundheit, ich bitte Dich inständigst darum. Wie unendlich gern ich Dich sähe, so wäre es schrecklich, wenn wir uns die Zeit des ruhigen Zusammenseins, die ja doch mit dem Frühjahr kommen muß, dadurch verbitterten. Bist Du nicht Deines Wohlseins recht gewiß, so bleibe lieber ruhig in Berlin, wo Du natürlich besser und gesünder eingerichtet bist als hier. Je mehr ich im Schreiben daran denke, je weniger Mut habe ich, Dich in diesen Palast zu bringen. Sage mir, süßes Leben, in Deinem nächsten Brief Deine Entschlüsse. Auch Caroline wartet darauf und geht vermutlich gleich, wie sie erfährt, was Du machst, nach Meinungen. Kämst Du, so bliebe sie vermutlich so lang als Du. Nachdem ich Dir eben viel Böses von meiner Wohnung ge- sagt habe, muß ich das Gute hinzusetzen. Sie ist wunderstill, ein- sam und allein. Mir konveniert sie ganz. Es ist übrigens eine sehr närrische Wohnung. Der ganze Bezirk, in dem sie liegt, heißt der Mohrengarten und hat vorn ein ziemlich verfallenes Tor. Durch dies geht man in eine ziemlich lange Gasse mit einigen Nebenwinkeln, und im Hintergrund ist mein mit einem auf Säulen ruhenden Balkon geschmückter Palast. Hinten ist ein Garten, der Wall, und von oben eine weite und schöne Aussicht. Vor dem Tor geht die Straße, und gegenüber wohnt eine alte Frau v. Holzhausen, der dies wun- derbare Wesen gehört, und die es beherrscht. Caroline wohnt bei dieser. In dem Mohrengarten wohnen nun die wunderbarsten 131