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[   Band 5 Brief 56:    Humboldt an Caroline    Paris, 16. November 1815   ]


noch immer die Souveräne spielen. So weiß ich durch Jordan, daß
Bentheim, des Generals Vater, mir eine Dose mit seinem Bild
geben wollte. Jordan hat schon für mich vorgebeugt, daß ich
hoffe, daß sie mir die Mühe des Zurückschickens ersparen werden.
Mit unserer Armee ist etwas Sonderbares und eben nicht zu
Lobendes vorgegangen. Der Abmarsch der Truppen war durch bestimmte
Kabinettsorder in die Hände des Staatskanzlers gelegt. Er zeigte dem
Feldmarschall an, daß die Unterhandlung keine Schwierigkeiten
mehr übrig ließe, die eine Besetzung erforderten, und daß er räumen
könnte. Der Feldmarschall zog mit der ganzen Armee ab. Auf
einmal hat er alle Korps Halt machen lassen und einen Befehl
ausgegeben, daß sie nicht eher weiter gehen und Frankreich ver-
lassen sollen, ehe ihnen auf der einen Seite nicht Charlemont und
die Scheldefestungen, auf der anderen Saarlouis und Thionville
eingeräumt sind. Der Kanzler hat gleich einen Kurier an den
Feldmarschall geschickt, aber es ist noch keine Antwort gekommen.
Welches Aufsehen das hier bei den Franzosen und selbst den
alliierten Ministern macht, ist unglaublich; es ist um so größer,
als für die Übergabe der Festungen ohnehin Termine bestimmt sind
und wir, außer Saarlouis, die anderen doch nicht behalten. Ich,
wie sehr ich den Leuten persönlich gut bin, von denen dies herrührt,
kann doch nicht anders als es mißbilligen. Ein Armeekommando
muß, da es nur zur Ausführung bestimmt ist, gehorchen, nicht
beratschlagen und eigene Maßregeln ergreifen. Die Festungen zu
fordern, ist im Grunde eine Unterhandlung. Mit wem nun wird
diese angefangen? Die französischen Festungskommandanten können
nicht übergeben, wenn sie nicht von ihrer Regierung Befehl haben.
Mit ihrer Regierung aber unterhandeln doch die Minister und
haben bereits anders abgeschlossen. Wozu kann das also alles
helfen, als den Kanzler und selbst den König, in dessen Namen er
befiehlt, zu kompromittieren und die Meinung zu verbreiten, daß bei

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