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[ Band 5 Brief 54: Humboldt an Caroline Paris, 10. November 1815 ]
mir seit langer Zeit nichts Erwünschteres denken, als Muße und Freiheit von Geschäften, und doch kann ich nicht sagen, daß sie mir, solange ich darin bin, zuwider sind. Ich habe einmal wenig Empfindlichkeit gegen das Unangenehme und eine erstaunliche für das Gegenteil. Den Lärm um die Schmalzische Geschichte begreife ich sehr gut. Niebuhrs Buch habe ich noch nicht gelesen. Der Kanzler hat es mir, wenn er damit fertig ist, versprochen. Ich fühle, daß es Nie- buhr sehr unangenehm sein muß, daß Schmalz den Orden bekommen hat. Der Kanzler ist daran ganz unschuldig. Er denkt über die Schmalzische Schrift wie wir und hat Schmalzen mit keinem lo- benden Wort geantwortet. Wer indes hier sehr und außerordent- lich für die Schrift war, ist Knesebeck. Allein auch dem König persönlich und ganz aus eigenen Stücken hatte sie sehr gefallen. Dies alles weiß ich durch Alexander. Vom Orden war hier keine Rede. Die Geschichte mit Tieck läßt wieder einen tiefen Blick in Schuckmanns Ministerium werfen. Hier, liebe Seele, kann ich nichts mit dem Kanzler darüber anfangen, er vergißt es tausendmal wieder. Lebe innigst wohl, umarme die Kinder. Ewig Dein H. Mir fällt eben ein, daß leicht Ancillon *) den Rat zum Orden gegeben haben kann. ——— *) Johann Peter Friedrich Ancillon, geb. 1767, † 1837, 1790 Prediger der französischen Gemeinde in Berlin, 1810—1814 Erzieher des Kronprinzen, dann im Ministerium des Auswärtigen, 1831 Staatssekretär und 1832 an der Spitze des Ministeriums. Seine Politik schloß sich eng an Österreich an. 121