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[ Band 5 Brief 49: Humboldt an Caroline Paris, 28. Oktober 1815 ]
es würde wohl am folgenden Sonntag ein eigener Gottesdienst des- halb gewesen sein. Allein immer hätte die Feier den Tag selbst sein sollen. Warum Gneisenau nicht den Prinzen am Rhein haben will? Ja, liebes Kind, niemand will mehr, sei es auch nur dem Namen nach, unter jemand stehen. Ich habe mehrere Male mit ihm davon gesprochen. Aber wie es im Homer heißt: »Einer sei Herrscher!« war ungefähr immer die Antwort. Dann aber meinte er auch, und darin kann er recht haben, daß dieser Provinz, in der wenig Adel mehr ist, und wo doch Gewohnheiten französischer Konstitution sich eingenistet haben, mit einem Prinzen wenig gedient sei. Nach meiner Ansicht wäre allerdings dies eher ein Grund für die Sache gewesen. Ein Prinz und eine Prinzessin, wie diese sind, hätten gerade die Leute von manchem bloß durch ihre Gegenwart zurück- bringen und neue Gewohnheiten begründen helfen können. Es war indes mit Gneisenau nichts zu machen, und er selbst hätte, glaube ich, nie bei dem alten Plan die Stelle angenommen. Mußte denn einer zurückstehen, so mag freilich Gneisenau noch nötiger sein. Die Prinzessin tut mir dabei fast allein leid. Ich lege wieder eine Zeitung bei. Lies den Brief des hin- gerichteten Perlin an seine Frau darin. Er ist für mich unendlich rührend, aber auch recht echt spanisch, daß er von Gehorsam der Frau darin spricht. 50. Humboldt an Caroline Paris, 1. November 1815 Wirklich, geliebtes Herz, kann es noch immer bis zum 15. währen, ehe wir von hier fortkommen. Für den armen Kanzler ist es mir sehr leid. Er ist hier keinen Tag wohl. Jetzt leidet er an unaufhörlichem Kopfschmerz, der vermutlich rheu- 110