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[ Band 5 Brief 49: Humboldt an Caroline Paris, 28. Oktober 1815 ]
nur ausschließend für diese. Bei den auswärtigen hat man den gleichen Kampf mit Halbheit und Kälte, nur ist doch immer Sinn für Grundsätze da, und selbst das Unrecht geschieht nur, indem man einen Grundsatz dafür sich erdichtet. Von den Russen sehen wir eigentlich nie die Nationalität in ihrer guten Eigentümlichkeit. In dieser kommt sie nicht über die Grenze. Was wir kennen, ist fast ganz ausländisch gebildet und geartet. So denke ich mir, teure Seele, die innerliche Lage Europas, aus der allein immer eigentlich die äußere hervorgeht, die besondere Preußens, die noch bestimmtere der preußischen Regierung, an der ich leider noch vielleicht lange teilnehmen muß. Ich tue es ungern, nicht, daß ich nicht manches hätte, was mich wohl fähig macht, die Sache zum Besseren zu lenken, und noch weniger, daß es mir am schlichten Willen fehlte, meine ganze Existenz daranzusetzen. Das, weiß ich, würde keiner mit so wenig Aufwand und Aufheben tun als ich; denn ich lebe so sehr in meiner innerlichsten Ein- samkeit, daß es mir gar nicht in den Sinn kommt, daß ich bei irgend etwas, das nicht diese, die auch der Tod nicht entreißt, an- geht, ein Opfer mache. Allein ich bin fest in mir überzeugt, daß bei uns ein solcher Widerstreit auch der guten Elemente ist, daß so viele wollen, und so wenige recht wissen was, daß es jetzt so allgemeine Stimmung ist, nur vorzüglich recht zu zeigen, daß man etwas will, daß kein einzelner verhindern kann, vom Strom fort- gezogen zu werden, und endlich vielleicht das Beste ist, sich fort- ziehen zu lassen, was aber meiner Natur entgegen ist, da ich nie anders als mit Besonnenheit handeln kann und mag, und dann leicht und immer gleich das Extreme, wenigstens für mich, Halten oder Brechen, wähle. Dann ist es sichere Erfahrung bei mir, daß, obgleich es ge- wiß wenige Menschen von meiner Treue in jedem Verhältnis gibt, 108