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[ Band 5 Brief 38: Caroline an Humboldt Berlin, 5. Oktober 1815 ]
hier bleibe. Sie ahndet indessen nicht, daß die eigentliche Ursache meines Entschlusses zu bleiben darinnen liegt, daß August sie nicht gern als seine Hausgenossin haben will. Ich habe gefürchtet, daß diese Entdeckung ihr eine große Bitterkeit in die Seele hauchen möchte. . .. Es bleibt von so etwas ein Stachel zurück, und man kann junge Gemüter nicht genug davor hüten. Deine ganze Lage fühle ich, geliebtes Herz. Du kannst Dich jetzt von dem Posten von Paris nicht losmachen. Niemand fühlt das mehr wie ich. Darum eben wäre ich so gern zu Dir gekommen, die Gefahr der möglich ausbrechenden Unruhen hätte mich nicht zu- rückgehalten. Wo Du bleibst, bleibe auch ich. Nun muß man sehen, wie die Dinge sich gegen den Sommer hin stellen. Ich bin sehr begierig darauf und glaube an keine Ruhe in Frankreich. Die Bildergeschichte ist sehr interessant, ich kann beinah nicht zweifeln, daß Canova nun das meiste für den Papst zurückerhält, und für die Kunst ist das Zurückkommen der italienischen Sachen eigentlich das Wichtige und Bedeutende. Paris verliert natürlich für Menschen von unserm Geschmack und Ansichten sein größtes Interesse. Was hast Du zum »Rheinischen Merkur«« gesagt, wie er Alexanders, Deines Bruders, Protegieren für das Französische zelebriert? Mir war es sehr ärgerlich, unseren Namen so genannt zu sehen. Alexandern wird es in seiner Art zu sehen und zu denken außerordentlich aufreizen und erbittern, obgleich er äußerlich einen Spaß darüber machen wird. Alexander erlebt, so wenig alt er auch ist, durch sein Ergreifen des französischen Wesens als Deutscher, eigentlich das Untergehen einer ganzen Zeit. Mit Schlabrendorff ist es ganz etwas anderes. Er knüpfte seine Hoffnungen, seine Träume wenn Du willst, an die französische Revolution — und was ihm verloren geht, geht seinem Herzen, seinem Gemüt mehr noch wie seinem Geist verloren. Alexander 88