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[   Band 5 Brief 29:    Humboldt an Caroline    Paris, 13. September 1815   ]


es viel fataler wäre, nach einigen Monaten seinen rappel zu suchen.
Sage ihm nur, daß ich ihn sehr glücklich fände, eine glücklichere
Lage zu kennen, als die ihm in Rom angeboten ist. Wirklich (dies
unter uns) ist mir dies ekle Annehmen und Verwerfen, was am
Ende auf lauter Furchtsamkeit und darauf, daß er Berliner und
englische Zeitungen später bekommt, beruht, [zuwider]. Wenn diese
Menschen nur einmal gefühlt hätten, wieviel man, wie gern, jen-
seits der Alpen vergißt und nicht weiß! Aber wer keine innere
Ruhe im Busen hat, dem flößt sie freilich kein Himmelsstrich ein.
Lebe wohl, teures, einzig süßes Wesen. Ewig Dein H.


30. Caroline an Humboldt               Berlin, 14. September 1815

Alexandern, dessen Geburtstag heute ist, bitte ich in meinem
Namen herzlich zu grüßen, geliebter Wilhelm, und ihm
Glück zu wünschen.
Es ist auch zugleich der Jahrestag unsrer Abreise nach Rom,
und wenn man, wie wir es nun doch auch schon können, die Ver-
gangenheit aus einer gewissen Entfernung betrachtet, so kann man
sie mit einem Strom vergleichen, in dem sich die Ereignisse, die
die Zeit gebracht hat, spiegeln. Ich kann oft stundenlang sinnend
darüber zubringen, und es löst sich mir das innerste Herz in Weh-
mut und einer Freude, die die Menschen gewöhnlich Schmerz
nennen, die aber keiner ist, obgleich aus Schmerzen geboren. Und
ist das nicht alles im Leben? Geht dieser geheimnisvolle Schmerz
der Geburt nicht durch, durch die ganze moralische und physische
Welt? Wenigstens läßt sich beweisen, daß nichts etwas wert ist,
als das, was aus dem Kampf entstanden und entsprossen ist —
ach, wo gerate ich hin! Vergib, geliebtes Herz, daß mein Brief
in so wehmütiger Stimmung beginnt.

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