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[   Band 5 Brief 29:    Humboldt an Caroline    Paris, 13. September 1815   ]


sehen wird. Hier ist er zugleich wie ein vertiefter und heftig leiden-
schaftlicher Mensch, der sich nicht einbilden kann, daß er es nur
erleben wird, Adelheid wiederzusehen, der schon im voraus die Angst
hat, daß dies Zusammensein doch nicht sehr lange dauern wird,
und also ein Leben in ein paar Wochen pressen möchte. Sehr hübsch
ist diese heftige Liebe doch, und wenn er nur erst wieder mit Adel
zusammen ist, wird sich alles leichter stellen.
Es ist furchtbar teuer hier, und mit meinem Gehalt (8000
Franken monatlich ungefähr) unter den jetzigen Umständen, wo ein
preußischer Gesandter viel mehr als sonst tun muß, auszukommen,
ist rein unmöglich. Stein hat neulich in seiner largen Manier
dem Kanzler in meiner Gegenwart gesagt, man müsse mir 50 000
Taler Gehalt geben. Wie gefällt Dir das?
Über Niebuhr *) habe ich mit dem Kanzler gesprochen. Nie-
buhr ist (unter uns) so schwerfällig und spitzfindig, daß er durchs
praktische Leben niemals so kommen wird. Jetzt hat er nun wieder
einen Stein des Anstoßes an der Instruktion. Sei so gut, und
laß ihn Dir kommen, und sage ihm in meinem Namen folgendes:
Die Instruktion wäre wörtlich, bis auf einige durch die Zeitumstände
veranlaßte Zusätze, dieselbe, die ich gehabt hätte, unter Alvens-
leben **) von Raumer engherzig und pedantisch gemacht. Dagegen
indes, daß man dem Papst, den man nicht mit der Katholizität
verwechseln müsse, eine direkte Einmischung bei uns erlaube oder
sich von seiten der Bischöfe Widerspenstigkeiten aussetze, wie jetzt
der König der Niederlande ***) erfährt, müsse ich auch gar sehr sein.
Der Kanzler hatte mir die Instruktion zur Prüfung zugeschickt,

———
*) Berthold Georg Niebuhr, geb. 1776, † 1831, Staatsmann und Ge-
schichtsforscher. Zuerst im dänischen Staatsdienst, seit 1806 im preußischen,
von 1816—1823 Gesandter in Rom.
**) Bei Humboldts Diensteintritt Minister des Äußeren.
***) Wilhelm I., geb. 1772, † 1843, seit März 1815 König.

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