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[ Band 5 Brief 29: Humboldt an Caroline Paris, 13. September 1815 ]
(unter uns) mit Pozzo di Borgo gemacht hat, stammt das meiste Übel. Metternich benimmt sich in dieser letzten Zeit noch ausge- zeichnet schwach und doppelsinnig. Was auch herauskommen mag, so wird es ein halbes, schlecht angelegtes Werk sein, eine Art Waffenstillstand, von dem man kaum wird voraussehen können, wie lange er dauern wird. Der Kanzler hat noch getan und tut noch, was nur irgend möglich ist. Eine uns günstigere Richtung gibt er der Sache auch gewiß, allein die Hauptsachen sind nicht zu ändern. Es ist mir sehr leid, auch aus Deinem Briefe wieder zu sehen, daß der Staatskanzler wirklich nicht geliebt ist. Das ist aber bloß den Umständen, den übertriebenen Erwartungen der immer frondierenden Menge und der Verblendung, in der man jetzt ist, zuzuschreiben. Ich bin daher auch überzeugt, daß es sich geben und besser werden wird, wenn er nach Berlin zurückkommt. Über Schlabrendorff hast Du sehr recht. Die Gegenwart ist eine große Göttin, und Deutschland in seinem jetzigen Zustand nach Erinnerungen aus den Jahren vor der Revolution und zu- fällig hier erscheinenden Deutschen beurteilen zu wollen, ist eine rein unmögliche Sache. Wenn er Dich öfter sprechen wird, wird ihm manches Licht aufgehen, davon bin ich überzeugt. Über die Beschäftigung der Menschen in Berlin mit Gneise- naus Arbeiten und Sitzen in den Konferenzen muß er selbst lachen. Er ist etwa zehnmal dabei gewesen und bei sehr unbedeutenden. Seit sehr langer Zeit hat er sich ganz losgesagt. Bei den wichtigen Konferenzen ist der Kanzler ganz allein. Es ist aber recht gut, die Menschen in ihrem Wahn zu lassen. Wenn Du mir etwas mehr von den Gerüchten über Gneisenau sagen kannst, soll es mir lieb sein. Ich habe Ursach, persönlich mit ihm sehr zufrieden zu sein. Die Lust Hedemanns, mit Adelheid allein zu sein, hast Du also auch bemerkt? Ich bin überzeugt, daß nach den ersten acht Tagen, die er mit Adelheid zugebracht haben wird, er selbst ganz anders 67