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[ Band 5 Brief 28: Humboldt an Caroline Paris, 9. September 1815 ]
Der Staatskanzler wird überdies schon genug einen harten Stand haben, da man auch in der inneren Verwaltung mit vielen Dingen unzufrieden ist, und man nicht leugnen kann, daß manche arge und böse Fehlgriffe da gemacht worden sind. Übrigens wundere ich mich nicht über dies Gerede. War nicht dasselbe neulich der Text des Blücherschen Briefes und in wie vieler Leute Hände mag der gekommen sein? Schreiben nicht höchstwahrscheinlich so auch eine Menge anderer Offiziere selbst ohne im geringsten gerade übelgesinnt zu sein? Die Gründe liegen am Tage. Es ist wirklich wahr, daß die Friedensarrange- ments, die auf die Kriege seit 1813 gefolgt sind, für Preußen weder so glorreich noch so nützlich geworden sind, als die Kriegs- erfolge dazu berechtigt hätten. Das liegt in den natürlichen Ver- hältnissen der Dinge. Die Armee und die Nation war und ist in großem Feuer, sie setzte also ihrem Mut gar keine Schranken, sie focht überall mit der äußersten Anstrengung, und man ließ sie da recht gern die erste sein. Bei der Unterhandlung aber wurde das Gewicht nicht gerade durch diese Anstrengungen hervorgebracht, sondern durch die natür- lichen Kraftverhältnisse Preußens, die natürlich so groß nicht sind. Der Staatskanzler weiß außerdem, daß der König es nicht zu Extremen kommen läßt, die andern wissen es noch mehr. Also fehlt unsern Worten der von der Tat imponierende Nachdruck. Auf Krieg mit allen Alliierten können wir uns unmöglich einlassen, und einen Bundesgenossen unter den andern finden wir schwer. Österreich wäre der einzige, auf den man vielleicht zählen könnte; nun aber weißt Du, wie schwach Metternich ist, wie er immer dem Haufen folgt, und wie er selbst wieder eine innere Furcht vor Preußen hat. Denn es ist nicht zu leugnen, daß zu den Nachteilen, in denen wir sind, noch die beiden hinzukommen, einmal daß unsere geogra- phische Lage uns fast immer, wo wir unsern Vorteil befördern 57