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[ Band 5 Brief 28: Humboldt an Caroline Paris, 9. September 1815 ]
wollen, zu Planen zwingt, die anderen direkt entgegen sind, dahin- gegen Rußland am Herzogtum Warschau, Österreich an Italien Länder fanden, in denen sie freie Hand hatten. Endlich, und das ist nur zu wahr und schadet jetzt mehr als je, haben die anderen Kabinette, und namentlich Österreich, eine Furcht vor den, wie sie es nennen, revolutionären Elementen, die bei uns und in unserer Armee herrschen sollen. Wir stehen in allen Fragen, die jetzt verhandelt werden, auf einer Linie der Rechtsansicht, welche niemals die ihrige sein wird, ja die mitunter ihr eigenes Verfahren geradezu mißbilligt. Dies wendet sie von uns ab und flößt ihnen das Mißtrauen ein, zu dem sich jetzt noch der Neid auf den Waffenruhm gesellt. Nie- mals wirkten diese allgemeinen Gründe so stark als jetzt, denn alle anderen Alliierten sind an sich und durch ihre Minister mehr oder minder mit Frankreich verbunden, teilen mehr oder minder seine Gesinnungen. Alle fürchten sich vor den Forderungen Preußens, wenn man es zu hoch emporkommen läßt. In dieser höchst nachteiligen Lage muß der Staatskanzler unter- handeln, und ich behaupte, das Resultat wird noch immer besser werden, als ich, der ich die individuelle Lage genau kenne, mir es dachte, da ich Berlin verließ; wie ich denn überhaupt immer und ewig dabei bleiben werde, daß, [wenn] der Staatskanzler zwar ganz evident manchmal Fehler in den Unterhandlungen begeht, die in seinem Charakter liegen, er sie auch immer wieder durch eben diesen Charakter gut und oft mehr als gut macht. Wenn sich daher auch Leute mit Wahrheit berühmten, die Fehler nicht zu begehen, so wären sie darum noch weit entfernt, ihm gleich zu stehen. Wenn ich sagte, daß er Charakterähnlichkeit mit Dir hätte, so meinte ich gewiß seine besten Seiten. Da dies gerade die am tiefsten aus der Natur hervorgehenden sind, so sind sie freilich auch mit einigen kleinen Fehlern am nächsten verwandt, und so geht die 58