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[   Band 5 Brief 26:    Caroline an Humboldt     Berlin, 4. September 1815   ]


Ich schließe, Deine heut zu erwartenden Briefe sind noch nicht
da. Der Adel ihre Wäsche und Kleider werden jetzt zur Aus-
stattung gemacht. Im vorigen Monat habe ich allen drei ragazze
wattierte Mäntel machen lassen, die netto 75 Taler gekostet haben.
Auch habe ich Schleiermacher *) eine Uhr geschenkt, kostet 98 Taler.
Adieu!


27. Caroline an Humboldt                Berlin, 7. September 1815

Indem ich das Datum schreibe, bekomme ich Deine Nr. 21 **),
mein teuerstes Herz. Adelheid und Gabrielle sind seit
Dienstag früh in Tegel. . . .
Es sind auch zwei Briefe von August an Adelheid mit
dem Kurier gekommen, die ich ihr soeben mit dem Milch-
wagen hinausspediert habe. In diesen, hoffe ich, wird August
ihr seine wahre Meinung über das Sein hier an den Tag
geben, und den Rückklang werde ich bekommen, wenn ich Adel-
heid sehe, die ich Sonntag von Tegel abholen werde. Denn ich
habe August deutlich meine Absicht gesagt, nach Paris zu gehen,
wenn er zurückkäme und die Zügel des häuslichen Regiments über-
nähme. Daß er mir darauf noch nicht geantwortet, daß er, seit-
dem er diesen Brief haben muß, seiner Mutter dringend um ein
Quartier zum 1. Oktober geschrieben, ist mir ein leiser Wink, daß
dies Arrangement ihm nicht lieb ist. Was Du mir nun in Deinem
eben heut empfangenen Brief sagst, war mir nicht ganz unerwartet.
Doch ist es mir, ich kann es nicht leugnen, schmerzlich. Das
schönste und vollständigste Sein in einem Menschen ist, wenn er
die Bedürfnisse seines Herzens mit dem Leben in eine Harmonie

———
*) Friedrich Ernst Daniel Schleiermacher, geb. 1768, † 1834, Bahn-
brecher der neuen protestantischen Theologie.
**) Brief vom 29. August.

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