< zurück Inhalt vor >
[ Band 5 Brief 22: Humboldt an Caroline Paris, 29. August 1815 ]
delt worden. Aus Klugheit wenigstens hätte er doch Ludwig XVIII. und seinen Hof nicht ganz vernachlässigen sollen. Allein weil Ludwig XVIII. ihn nicht im vorigen Jahre eingeladen hat, ist diesmal kein preußischer Offizier zu ihm gegangen. Alle Maßregeln, die im allgemeinen gut sein möchten, aber im einzelnen notwendig Modifikation erfahren sollten, werden mit eiserner Strenge und Einseitigkeit durchgesetzt. So z. B. die Ent- waffnung des Landes in den Provinzen, wo wir jetzt stehen. Diese sind ganz königlich gesinnt, es reizt sie ungeheuer, die Waffen ab- geben zu sollen, die sie nur mit uns gegen die Feinde des Königs gebrauchen möchten, es ist auch unmöglich, sie ihnen ganz abzuneh- men, da sie sie immer verstecken und in der letzten Bedrängnis zerbrechen. Allein man will auf alle Vorstellungen der einzelnen Generale doch nicht die geringste Milderung eintreten lassen. Bei den besten Menschen verkehren sich die Ideen von Recht und An- stand. Selbst mit August habe ich solche Streitigkeiten gehabt. So haben sie fast aus allen Bibliotheken die cassinischen *) Karten weggenommen. Es ist natürlich, daß man gute Karten haben muß, also ist nichts dagegen zu sagen. Aber beim Abmarsch sollte man sie doch wiedergeben. Da sie zu kaufen sind, ist es ein bloßes Mitnehmen von so viel Geld. Allein so etwas ist schwer begreiflich zu machen. Ich bin gewiß kein Franzosenfreund und brauche diesen Vorwurf von niemand zu fürchten. Aber ich kann es nicht genug wiederholen, daß diese Dinge weder dem Staat, noch der Armee nützlich sind und vielmehr den Franzosen Waffen gegen uns in die Hände geben. Es war natürlich, daß Neid auch bei den Alliierten gegen uns entstand, man muß noch bewundern, wie er wirklich in den ——— *) So genannt nach Cäsar François Cassini, der 1733 die große trigo- nometrische Vermessung Frankreichs veranlaßte, die von seinem Sohn voll- endet wurde, und deren Resultat die »carte topographique de la France« war. 44