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[ Band 5 Brief 9: Caroline an Humboldt Berlin, 29. Juli 1815 ]
sie bei uns waren, gar nicht eingefallen wäre, anders als natürlich zu finden. Davout ist von der Armee der Loire durch den König zurück- berufen, noch ist er aber nicht hier. Macdonald *) soll an seine Stelle kommen. Submissionen für den König laufen von allen Seiten ein, allein ob man an ihre Aufrichtigkeit überall glauben kann, möchte ich nicht versichern. Ich schrieb Dir, glaube ich, schon, daß ich, soviel es nur an- geht, täglich im Museum bin. Bis jetzt habe ich mich auf die Statuen beschränkt. Es ist doch sehr, sehr viel, was ich nie gesehen hatte, vorzüglich aus Villa Albani. Es ist ein unendlicher Genuß und wirklich meine einzige Freude hier. Das Museum ist für uns, Pariser gehen jetzt gar nicht hin oder werden vielmehr nicht ein- gelassen, von 9 bis 6 Uhr offen, und man kann also jeden freien Augenblick benutzen. Es ist ein noch nicht ganz fertiger neuer Saal gemacht, in dem die Musen, die Velletrische Pallas, der Borghesische Fechter, die schöne Amazone und eine Menge anderer Statuen stehen, und der weit schöner eingerichtet ist, als irgendein anderer Saal des Museums. Berlin wird plötzlich mit Sèvresporzellan überschwemmt werden. Die Manufaktur war im Augenblick des Gefechts in Sèvres ge- nommen worden. Man legte Beschlag darauf, kam über eine Summe mit der Direktion überein und brachte diese Summe durch einen Verkauf zum halben Preis heraus, zu dem jedoch nur die Alliierten zugelassen wurden. Ich habe es zu spät erfahren, und es war gar nichts Gutes mehr da. Allein man sieht bei dieser Gelegenheit, wie teuer die Fabrik ist. Denn auch der halbe Preis ist noch teurer als unser Porzellan. Die Engländer sollen sehr viel um den halben Preis gekauft haben und vorzugsweise das Alleraltmodischste. ——— *) Etienne Jacques Joseph Alexandre Macdonald, Herzog von Tarent, Marschall von Frankreich, geb. 1765, † 1840. 17