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[ Band 4 Brief 283: Humboldt an Caroline Wien, 4. Junius 1815 ]
aus Prag, dessen Wesen mir ganz gut gefiel, da er nicht zu den neumodischen Juden gehört, kam ein paarmal zu mir und empfahl mir die Angelegenheit. Ich machte nun einen Artikel meiner Über- zeugung nach; in den jetzigen Konferenzen ward dies eine Haupt- debatte, nicht daß es nicht wichtigere gäbe, aber weil man über diese wichtigeren fast gar nicht diskutieren kann, weil man schon weiß, daß man sonst auseinandersprengt, statt zu verbinden. Metter- nich, Wessenberg, Hardenberg und ich hielten die Sache wie wir konnten. Rechberg *), Darmstadt, Sachsen, die Hansastädte waren vor- züglich dagegen. Es kam in zwei Sitzungen vor, Metternich gab seiner Sitte nach die Sache fast auf, aber ich hielt sie, gab ihr neue Wendungen und machte sie doch unschädlich, so daß ich sie nur auf die künftige Bundesversammlung verwies, aber die schon er- worbenen Rechte den Juden erhielt. Es wurde sehr viel von der Sache gesprochen, jeder weiß, daß ich nur den Artikel gemacht und durchgesetzt hatte. Gestern kam nun der alte Mann wieder, dankte mir unendlich und bot mir zum Geschenk drei Ringe, Smaragden mit großen Brillanten besetzt an mit dem Zusatz, daß, wenn ich sie nicht wollte, ich über 4000 Dukaten auf seine Kasse disponieren sollte. Ich schlug sie natürlich ebenso wie das Geld aus, und Du kannst Dir die Ver- wunderung des Mannes gar nicht denken, wie ich ihm ohne alle Affektation und Ziererei sagte, daß ich, was ich getan, bloß den Juden zuliebe getan hätte, daß ich nichts dafür nehmen würde, daß aber, wenn ich je in einen Fall kommen sollte, wo er mir einen Gefallen erzeigen könnte, ich ihn gern annehmen würde. Ich habe den Vorfall niemandem als dem Kanzler und Harden- bergen erzählt. Allein ich weiß durch Gentz, daß es doch bekannt worden ist und großen Effekt gemacht hat. Der alte Jude will sich nicht zufrieden geben und hat nun das Projekt, mir ein silbernes ——— *) Alois Graf v. Rechberg, geb. 1766, † 1840, bayerischer Minister. 566