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[ Band 4 Brief 283: Humboldt an Caroline Wien, 4. Junius 1815 ]
283. Humboldt an Caroline Wien, 4. Junius 1815 Von Rußland habe ich für die Unterzeichnung des Allianz- traktats den Annenorden in Brillanten bekommen, ver- mutlich eine Art Rache des Kaisers Alexander dafür, daß ich mich gar nicht um seine Gunst und seinen persönlichen Beifall be- kümmere, und eben nicht mehr russisch bin, als ich sein muß. Darum ist es mir fast lieb. Sonst ist es recht wie mit Fleiß erdacht, mich zu ärgern. Denn als Orden ist die Sache für mich fast unschicklich, und als Geschenk sind die Orden mit Brillanten immer nicht viel wert, weil sehr viel kleine Steine darin sind. Ich werde ihn gleich verkaufen und nie tragen. Damit ist’s abgemacht. Um seine Gunst bekümmere ich mich übrigens nicht mehr, nicht weniger. Wenn wir je in Geschäften miteinander zu tun hätten, wird er mich mehr brauchen als ich ihn. Ein sehr großes Geschenk habe ich gestern ausgeschlagen. Seit dem Anfang des Kongresses suchten die Juden bestimmte bürgerliche Rechte in Deutschland zu erhalten. Ich bin dieser Sache immer geneigt gewesen. Ich weiß zwar, daß Du anders denkst, süßes Herz, aber ich habe viel in verschiedenen Zeiten darüber nachgedacht und bleibe meiner alten Meinung getreu. Es ist überdies eine Jugendidee bei mir, denn Alexander und ich wurden noch, wie wir Kinder waren, für Schutzwehre des Judentums gehalten. Ich ließ mich auch hier um so mehr ein, als, da einmal im Preußischen die Juden fast alle Rechte haben, es nun für uns besser ist, daß diese Gesetzgebung allgemein sei, indem sonst alle Juden zu uns hin- strömen. Seit einigen Wochen bemerkte ich, daß die Gönner des Judentums wuchsen, und da Gentz an der Spitze stand, so war die Ursach bald klar. Vom Hannoverschen Hardenberg erfuhr ich mit Gewißheit, daß dieser sogar einen schriftlichen Kontrakt gemacht hatte! Mir geschahen indes keine Anträge, aber ein alter Mann 565