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[   Band 4 Brief 282:    Humboldt an Caroline    Wien, 1. Junius 1815   ]


ihm hingegeben. Am anderen Tage haben sie einen, ganz wie ich
wollte, vorgebracht, und es nicht einmal getan, ohne mir ihn vor-
her zu zeigen und mich zu fragen, ob ich zufrieden sei. Gentz be-
hauptet, daß dies, wie klein das Objekt sei, das Stärkste sei, was
ich gemacht hätte. Es war aber in aller Gerechtigkeit, und wenn
Preußen in manchen Stücken auf dem Kongreß geschienen hat
weniger Einfluß zu haben, so ist es gut, durch bloße Persönlichkeit
es geltend zu machen. Zugleich ist so etwas das einzige noch mög-
liche Kongreßamüsement.
Ich muß sehr über Dich lachen, mein gutes Kind, was Du
für echt adlige Ideen über Duelle hast. Du sagst, Du ließest nie
eins zweifelhaft. Ich gestehe Dir, ich halte sie für eitel Torheit
und behandle sie gewiß auch nie anders. Man kann ihnen nur
Kälte und Spaß entgegensetzen. Aber es hat mir freilich auch
immer eine Torheit geschienen, die es weniger unbequem ist mitzu-
machen, als zu bestreiten.
Wohl ist es mit der Ruhe vorbei, in der wir aufgewachsen
sind. Ich hätte sie unendlich lieber, denn ich habe es immer in
mir so gefühlt, ich liebe die Welthändel nicht und habe auch nicht
den Respekt dafür, der noch das lebendige Interesse erhält. Aber
da mich das Schicksal einmal hineingezogen hat, so werde ich sie
nun auch mitmachen und fürchte ihre Verworrenheit nicht.
Mit Dir nur wäre ich gern zusammen, das ist mein einziger
noch übriger Wunsch auf Erden. Sonst und außer Dir brauche ich
niemand und bin am liebsten in der tiefsten Einsamkeit meines
eigenen Wesens.
Lebe wohl, teures, inniggeliebtes Wesen.
Ewig Dein H.

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