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[   Band 4 Brief 281:    Caroline an Humboldt     Berlin, 30. Mai 1815   ]


hätte die Ärmste, nachdem er weg war, nicht allein lassen können.
Er war in einem nicht zu beschreibenden Zustand, das arme Herz
hätte ihm bersten mögen in der gequälten Brust. Eine Stunde
darauf fuhr er mit dem Prinzen *) in einer Chaise hier vorbei. Adelheid
blieb liegen. Du weißt, ich muß immer alles sehen, so sah ich
ihn auch noch vorbeifahren, allein ich trat zurück, damit er nicht
noch einen schmerzlichen Anblick hätte.
Ich hoffe wohl, dieser Krieg wird gut gehen, allein was hilft
das alles für diesen oder jenen — Opfer müssen fallen — und
die Angst kann man in solcher Zeit nie los werden. Man erwartet
heut abend den König.
Man hat mich überlaufen und überläuft mich. Meine Ge-
danken sind immer bei dir. Die Kinder, August, alles grüßt.
Ewig Dein.


282. Humboldt an Caroline                    Wien, 1. Junius 1815

Es ist über 1 Uhr, liebe Li, und ich komme eben aus einer
Konferenz bei Metternich. Ich muß dir aber, ehe ich zu
Bett gehe, noch einige Worte sagen. Denn morgen habe
ich schon um 10 wieder eine bei mir.
Gestern war Hardenbergs 65. Geburtstag. Ich habe ein Diner
gegeben, wo ich seine Räte, Stadion, Hardenberg, Münster, und
weil er denn hier ist und ich ihn doch einmal haben mußte, Alopeus**)
gebeten habe. Varnhagen hatte ihm Verse dazu geschickt, mit einem
unendlich hübsch ausgeschnittenen Baum. Er geht mit ins Haupt-
quartier. Ob ihn aber der Kanzler viel wird brauchen können, bin
ich begierig. Mir ist es neulich schlimm mit ihm gegangen. Er

———
*) Prinz Wilhelm von Preußen.
**) Russischer Diplomat.

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