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[ Band 4 Brief 278: Humboldt an Caroline Wien, 15. Mai 1815 ]
Sünden werden einmal ihre Strafe finden, die der Regierungen sind hoch gestiegen. Es werden, damit Du eine Idee der Sache hast, übrigens jetzt gleich die Grundzüge der Verfassung (aber freilich ungeheuer unvoll- ständig) aufgestellt, es wird gleich eine Bundesversammlung festge- setzt und die Bevollmächtigten sollen sich am 1. August in Frank- furt versammeln, um die Gesetze zu verabreden. Ich muß heute wieder hier schließen. Es schmerzt mich, und ich schäme mich. Aber ich kann wirklich nicht anders. Sei aber nicht bange um mich. Ich bin in der blühendsten Gesundheit. Den Tag treibe ich mich in Geschäften, Besuchen, Gesprächen herum, am Abend sind meine frohen Stunden, auch neben aller Arbeit bin ich in meinen Gedanken, meinem eigentlichen Element, von 2—8 schlafe ich so gut, daß ich mit der Minute einschlafe und mit der Minute erwache. Es geht mir, abgerechnet, daß ich nicht bei Dir bin, daß ich für mich nichts arbeiten kann, und daß ich mir eine nützlichere Tätigkeit wünschte, sehr gut. 16. Mai Ich habe gestern abend Deinen lieben Brief vom 11. bekommen, gute Li, und daraus gesehen, daß Du Migräne gehabt hast, daß sie Dir aber von meiner Geschichte mit Boyen vergangen ist. Du bist unendlich lieb und gut, daß alles, was mich betrifft, einen so tiefen Eindruck auf Dich macht, und es hat mich auch sehr gefreut zu sehen, daß Du und August mir Recht geben in der Art, wie ich die Sache behandelt habe. Ich habe kein anderes Verdienst dabei, als sie unendlich natürlich behandelt zu haben. Für so durch- aus unvernünftig ich sie auch hielt, so wäre es mir doch rein affek- tiert vorgekommen, wenn ich dem Vorurteil nicht hätte nachgeben wollen. Es ist auch inkommode und selbst manchmal töricht, sehr weise sein zu wollen, und so habe ich doch die Sache so einfach geleitet, daß wirklich niemand sie erfahren hat. Erst heute, da ich eine 554