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[   Band 4 Brief 276:    Humboldt an Caroline    Wien, 12. Mai 1815   ]


Er war da viel deutscher, und dann ist es schon unmöglich, gleich
flach zu sein. Die Sprache hebt die Menschen wider ihren Willen
und über ihr eigenes Vermögen hinaus.
Metternich habe ich neulich wieder sehr geärgert. Hier ist
mit Talleyrand ein alter Mann, La Besnardièrs, ein Staatsrat, der
mit Caulaineourt in Chatillon war, ein Anhänger Bonapartes eigent-
lich und sehr intrigant, aber klug. Dieser will nach Frankreich zu-
rück, und Metternich trug vor, er hätte einen Papagei und eine
Schwester, und stürbe, wenn er nicht bei diesen wäre. Die übrigen
sagten nicht viel. Ich sagte ganz trocken, daß er doch außer dem
Papagei und der Schwester auch noch einen König hätte, und schlug
damit, für diesmal wenigstens das ganze Projekt nieder. Es
könnte kein Mensch eigentlich in Paris gefährlicher sein. Denn er
weiß allen unseren Klatsch, alle Uneinigkeit, alle Intrigen.
Lebe wohl, teures Herz.


277. Caroline an Humboldt                     Berlin, 18. Mai 1815

Mein geliebtes Herz!
Bei unserm Zurückkommen aus Tegel habe ich Deinen lieben
Brief bekommen. . . .
Mit Adels Gravität ist es auch soso. Gestern abend
war sie z. B. so ausgelassen, daß sie ganz wie verwirrt sprach und
vor Lachen und Kindlichkeit auf keinem Bein stehen konnte.
Du erkundigst dich nach dem Lernen, liebes Herz. Da sieht es
etwas traurig mit aus, und jetzt kann auch nicht viel mehr geschehen.
Wie sie sich gegenseitig erklärt hatten, nahm sie ihre Stunden fort,
allein man mußte sie oft abrufen lassen, wenn er kam, und die Auf-
merksamkeit möchte auch wohl in der Stunde nicht dieselbe gewesen

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