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[ Band 4 Brief 274: Humboldt an Caroline Wien, 5. Mai 1815 ]
einfiel, er könne doch böse sein, und mir, da ich ihn sehr liebe, das sehr leid tat, ging ich, wie er zum Mittagessen beim Kanzler herein- kam, auf ihn zu und fragte ihn, ob er böse sei. Er ließ mich gar nicht ausreden, sondern sagte gleich, wir würden uns sprechen. So gingen wir an Tisch. Nach Tisch suchte ich ihn auf, fand ihn aber in solcher Heftigkeit, daß ich ihm gleich sagte, es sei gut, mir tue die Sache leid, ich verteidige sie als eine Übereilung nicht, indes geschehen sei geschehen, ich sei aber bereit, mich mit ihm zu schlagen. Er sagte, das habe er nur gewollt, und nun gewann unsere Unterredung wenigstens mehr Ruhe. Ich machte mir zur Bedingung, daß wir niemandem etwas sagten und keine Sekun- danten hätten, die uns nur auseinanderbringen und eine schale Szene aus der Sache machen würden. Da ich auch gar nicht einsah, warum ich mir bei vielen Geschäften sollte die Pein mit der Besorgung der Pistolen machen, trug ich ihm auf, daß er die anschaffen sollte, ich wollte dagegen für ein ruhiges Plätzchen sorgen. Er fand es zwar sehr poetisch, daß ich mich mit seinen Pistolen schießen wollte, ohne mich selbst um etwas zu bekümmern, allein er übernahm es, und seine Hitze mäßigte sich bedeutend. Er machte mich darauf aufmerksam, daß die Leute in der Stube (wir standen auf dem Balkon im zweiten Stock) auf uns acht gäben. Ich sagte ihm, das sei seine Schuld, da ich ihm angeboten, mit mir in meinem Wagen, der vor der Tür stand, spazieren zu fahren; er meinte, diese Gemeinschaft gehe doch, wenn man sich schlagen wolle, zu weit. Ich zitierte ihm, daß im Ariost zwei Ritter in solchem Fall sogar auf demselben Pferde ritten, und wir schieden so aus- einander. Wir hatten uns übrigens auf heute um 11 Uhr verabredet, und meine Idee war, in den Prater zu gehen. Gestern früh wollte der Zufall, daß er zu einer früher verabredeten Konferenz zu mir kommen mußte. Nach der Konferenz sagte er mir, sein 543