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[ Band 4 Brief 271: Humboldt an Caroline Wien, 30. April 1815 ]
Menge Gesandten und Verträge hier vorgekommen sind, daß diese Geschenke zu einer ungeheuren Summe anwachsen würden, die selbst im Parlament Aufsehen erregen werde. Man ist also über- eingekommen, daß nur die vier ursprünglich verbündeten Mächte sich Geschenke machen sollen. Wenn es dabei bleibt, erhalte ich drei, ein Objekt von ungefähr 10 000 Taler. Ob der Kongreß sonst anderen etwas gebracht hat, weiß ich nicht und mag es nicht annehmen. Mich kennst Du auf diesem Punkt. Ich habe darin sehr antike Grundsätze und liebe die Leute, deren Töchter, weil sie sonst nichts hatten, auf öffentliche Kosten ausgestattet wurden. Unendlich habe ich bei Adelchens Heirat wieder an den lieben, guten Wilhelm gedacht. Der ginge jetzt gewiß auch mit in den Krieg und wäre anders und besser als Theodor. Denn er war eine gemütvollere Natur, woran es auch immer liegen mag, ich werde es in Theodor nie begreifen. Er gleicht nicht Dir, nicht mir, in nichts, selbst nicht in unsern eigenen Fehlern und Schwächen. Es ist reinweg etwas anderes in ihm, und woher kommt das? Die Erziehung tut es bei weitem nicht allein, denn seine Hauptfehler konnte ihm diese Erziehung nie geben. Caroline ist allerdings unbegreiflich, eine ewig in sich ver- hüllte, sich und anderen nicht recht offenbar werdende Natur. Es ist sehr möglich, daß sie sich in diesem Stück niemals eigent- lich entfaltet. Wenn das Geschick einem Mädchen darin nicht den rechten Berührungspunkt zuführt, kann das leicht der Fall sein. Lebe wohl, geliebtes, einziges Kind. Ewig Dein H. 539