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[   Band 4 Brief 270:    Caroline an Humboldt     Berlin, 24. April 1815,   ]


holde Kind nicht jetzt sehen und sein Glück und seine Innigkeit
mit genießen kannst. Doch hat es, ich will’s Dir nicht leugnen,
auch was Schmerzliches, wenn sich das eigenste und tiefste Leben,
das Kind, das man mit seinem eigenen Leben und seiner Liebe
gepflegt und großgezogen hat, nun gleichsam abtrennt vom
mütterlichen Herzen.
Man wird mir tausendmal sagen, daß es nicht so ist, doch
ist alles Leben ein Aufkeimen, Wachsen, Blühen, in voller
Üppigkeit Stehen und wieder Vergehen, — und es ist keine Freude
auf Erden, keine, der nicht die tiefste Wehmut beigemischt wäre.
Das muß auch so sein, das ist das Band, woran der Himmel uns
hält und leise uns zu sich zieht. —
Caroline ist sehr liebend, mild und gütig, aber von tieferer
Sehnsucht nach einem ähnlichen Glück der Liebe scheint ihr Herz
ganz frei. Mir ist das unbegreiflich, ganz, ganz unbegreiflich. . . .


271. Humboldt an Caroline                    Wien, 30. April 1815

Ich habe Deinen Brief vom 24., liebe Li, mit unendlicher
Rührung und Freude gelesen und kann Dir nicht genug
für die liebevolle Güte danken, mit der Du mir noch am
Abend des Hochzeitstages geschrieben hast. Die Einsegnung, die
Trauung in der Kirche, die Hochzeit im Schloß bei dem Prinzen
und der Prinzessin, die so hübsch und gut in diese Gefühle und in
die Familienverhältnisse eingehen, alles macht ein Ganzes. Ich
dachte mir, ich weiß selbst nicht warum, gar nicht eine so festliche,
sondern vielmehr ein ganz stilles, geräuschloses Zusammengeben,
aber mit so einfach gesinnten Fürsten hat eine solche Festlichkeit
keinen Zwang, und es ist hübsch für die Kleine, daß sie mit Glanz
in das selbständige Leben eingeht.

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