< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 4 Brief 267:    Caroline an Humboldt     Berlin, 11. April 1815   ]


bleiben von seiner und ihrer Liebe. Vor unserm geliebten Kinde
aber wird sich’s auftun wie ein Abgrund, den all meine Sorgfalt,
meine Liebe, den selbst mein Mut ihr nicht wird verdecken können, denn
er ist da ——, und es hängt an jeder Stunde der Trennung vielleicht
sein Leben!
Darum bitte ich, gib Deine Einwilligung, daß wir sie wo-
möglich noch trauen lassen können. Die Lage bleibt dieselbe, er
geht dem Ruf seiner ernsten Pflichten entgegen, sie bleibt an meinem
Herzen. Aber sie trägt seinen geliebten Namen, und sollte er ver-
wundet werden, so kann ich sie ihm bringen, sie ihm sogar unter
sicherer Geleitung schicken, wenn es mir unmöglich wäre, sie ihm
zu bringen.
Geböte Gott über sein teures Leben, so fände im ungeheuersten
Schmerz sie doch noch einen Moment der Seligkeit in der Er-
innerung, und in den bürgerlichen Verhältnissen des Lebens wäre
selbst dann, wenn sie uns einmal verloren haben wird, nichts, was
sie nötigte, eine andere Verbindung einzugehen. Sie liebt ihn un-
aussprechlich und wird es erst dann ganz erkennen, wenn er nun
nicht mehr da ist, und die Sehnsucht ihr das Herz in der Brust
wird sprengen wollen. Jetzt ist sie in dem rührenden Zustand, in
dem sie sich noch kaum selbst erkennt.
Die Möglichkeit der Heirat ist da, Hedemann hat auf meine
Veranlassung mit Schleiermacher gesprochen, der sie in der uns noch
bis zu seiner Abreise gegebenen Zeit einsegnen kann und will, alles
andere Nötige von Dispensation des Aufgebots kann ich durch
Schleiermacher und Nicolovius besorgen lassen, und so fehlt
es uns an nichts als an dem königlichen Konsens und Deiner
Zustimmung.
Die Gewalt der Umstände, das dunkle Drängen des Schicksals,
das man, ich weiß nicht wie, mit der Luft, die man atmet, in sich
zieht, bewegt einen tiefer über alle eigenen und teuersten Verhält-

                                                                       528