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[ Band 4 Brief 267: Caroline an Humboldt Berlin, 11. April 1815 ]
267. Caroline an Humboldt Berlin, 11. April 1815 Mein teurer Wilhelm! Es sind heute erst acht Tage, daß wir Dir geschrieben haben, August, Adelheid und ich, und Deiner Zusage können wir erst den 15. entgegensehen. Aber ich bin ja Deiner Zu- stimmung so gewiß, da ich weiß, wie Du August liebst und ehrst, daß ich vertrauungsvoll mit neuen Bitten zu Dir komme. Die Kinder genießen jenes seligen Glückes, mit dem die Lust des Himmels und sein Friede und die Ahndung des Ewigen aufgeht im irdischen Leben und in der menschlichen Brust, und leben die schönsten, seligsten Tage und würden sie ohne Widerrede und heimliches Drängen nach noch unbedingterem Sichangehören fortleben, wenn die Zeit nicht eine so nahe und so furchtbare Trennung brächte. August sieht und fühlt, wie jung, wie zart, wie gleichsam eine noch unerschlossene Blüte Adel ist, und hat es nicht einmal begehrt, daß sie die Seine würde, obwohl er es wohl innigst wünscht. Ich habe nie gewünscht, daß Adel vor dem 16. Jahre heiraten möchte, aber doch komme ich jetzt auf andere Gedanken. Es liegt ein furchtbarer naher Krieg vor uns, eine chaotisch dunkle Zeit, und mehr als je hat der arme Mensch nur den flüchtigen, entscheidenden Augenblick der Gegenwart. Diese beiden haben sich gefunden, gestatte, daß sie jenen Augenblick festhalten, ehe der Drang dieser gewaltigen Zeit ihn mit sich fortreißt. Wohl gehören sie sich an, auch unvermählt, und Du weißt wohl, daß ich es nicht bin, der ihre Treue binden will. Aber den Mut, die Freudigkeit des Lebens und des Todes laß uns ihnen retten, wenn menschliche Kräfte es vermögen, aus solcher sturmbewegten Zeit. Er ist ein Mann und vereint alle zarte Liebe und den un- wandelbaren, unerschütterlichen Willen in seiner Brust, auch weiß er, daß sie sein ist, und wird in unendlichem Schmerz durchdrungen 527