< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 4 Brief 266:    Humboldt an Caroline    Wien, 9. April 1815   ]


Widerstand zu leisten. Allein Clanearty *) erwiderte ihm, Wellington
habe gesagt, daß er sich anheischig mache, mit den Truppen, wie
sie da wären, Murat entgegenzugehen und ihn zu schlagen. So
weit geht hier die Schwäche. Überhaupt ist und bleibt Metternich
ein Verderben, und Stadion wäre ohne Vergleichung besser.
Über den König von Sachsen, um auf Deine Briefe zurück-
zukommen, siehst Du die Sache nicht von allen Seiten an. Es
ist allerdings fatal, daß er jetzt gerade wieder zum Regieren kommt.
Aber es ist für Preußen selbst notwendig. Denn wenn man ihn nicht
dazu läßt, so entbindet er, was immer eine freiwillige Handlung von
ihm ist, über die kein Mensch Meister ist, unsere sächsischen Unter-
tanen nicht ihres Eides und ebensowenig die im Herzogtum
Warschau, und wenn es auch uns, die wir sein Recht durch seine
Handlung für verloren ansehen, nicht nötig scheint, so wissen wir
nur gar zu sehr, daß es im Lande und zu dessen ruhiger Be-
herrschung allerdings sehr wesentlich ist. Dann muß er sich natürlich
nunmehr auch mit gegen Napoleon verbünden, und wird also
wenigstens wieder durch sein Wort in unsern Kreis gezogen. Der
Gefahr, die sein Regieren hat, läßt sich vorbeugen, und es ist die
Frage, ob er nicht gefährlicher ist, wenn er heimlich bei einem über
seine Lage ungewissen Volke intrigierte. Das Böse des Bei-
spiels seiner Straflosigkeit ist das Schlimmste immer. Allein so
manche andere ganz oder halb Schuldige sitzen unaufhörlich in
unserm Rat.
Lebe innigst wohl, süße, teure, herzlich geliebte Li. Umarme
die Kinder. Ewig Dein H.

———
*) Diplomat, Vertreter Englands in der Kommission für Befreiung
der Schiffahrt und in der Territorialkommission.

                                                                       526