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[ Band 4 Brief 266: Humboldt an Caroline Wien, 9. April 1815 ]
würde. Er scheint auch darin mit mir einig zu sein, daß ich vor meinem Weggehen hier eigentlich meinen Posten verlasse und hier meine Rekredentialien übergebe. Daran ist mir vorzüglich gelegen. Denn dadurch werde ich erstlich wenigstens dies Verhältnis mit Metternich los und komme in ein freieres gegen ihn, und dann trete ich auch aus der ganzen Gesandtenkarriere heraus und bin im Grunde schon neben dem Kanzler Minister des auswärtigen De- partements. Ich komme also vermutlich nach Berlin. Freilich sage ich das so mehr wie man einmal Plane macht, denn eigentlich kommt mir die Zeit so wild und verwickelt vor, daß ich gar wenig an die Ruhe denke und auf sie rechne. Es stand im »Beobachter« ein Brief von Gropius an Bartholdy, worin er sagt, daß er vielleicht den größten Teil des Sommers in Tempe in Thessalien mit dem Bau einer Brücke zubringen wird. Ich kann Dir nicht sagen, wie sonderbar mich der Gedanke ergriffen hat, so einen ganzen Sommer und gerade diesen in diesem Winkel der Erde, um eine einzelne Brücke beschäftigt, zuzubringen. Ich kann mir jetzt kaum eine Idee davon machen. Von Napoleon und der Hortense *) sind wieder Briefe ange- kommen, die jetzt immer in den Konferenzen selbst erbrochen und gelesen werden. Napoleon schreibt mit einer Klaue, die fast niemand lesen kann, immer auf einem Duodezblatt. Darüber steht ,Tuilleries', dies schreiben zu können, mag ihn besonders gefreut haben, und das einzige Wort ist freilich auch die größeste Schmach für die Bourbons. Dann fangen die Briefe immer an mit: »Ma bonne Louise« und immer alles in Du. Die hauptsächlichsten Phrasen sind, denn das ganze ist nur eine kleine Seite: »Je suis maître de toute la France. Le soi-disant roi s’est embarqué ——— *) Hortense Beauharnais, geb. 1783, † 1837, Tochter erster Ehe der Kaiserin Josephine, vermählt mit Napoleons Bruder, dem Exkönig von Holland, Mutter Napoleons III. 524