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[ Band 4 Brief 263: Humboldt an Caroline Wien, 3. April 1815 ]
Was mich jetzt wieder am meisten beschäftigt, ist die deutsche Verfassung. Es soll nun wirklich noch und zwar gleich zu einem Bunde kommen, man will indes hier bloß die hauptsächlichsten Grundsätze feststellen, jedoch womöglich gleich die Bundesversamm- lung zusammentreten lassen. Es kostet Kunst, das alles so zu machen, daß jeder hineingeht, aber ich denke doch, daß es möglich sein soll. Nur ist Metternichs Trägheit und Lauheit dabei ein entsetzliches Hindernis. In dieser wird er vermutlich durch Gentz’ Furchtsamkeit bestätigt. Denn da dieser neulich die Note sah, in der ich den deutschen Fürsten den Willen, wirklich jetzt den Bund zu schließen, angekündigt habe, und deren Unterschrift ich Metternich auf gute Manier abgenötigt habe, schlug er die Hände zusammen und versicherte, daß dies ein entsetzliches Wage- stück sei. Über mich selbst kann ich Dir nur sagen, daß der Staatskanzler mir neulich wieder so gesprochen hat, als würde ich ins Haupt- quartier gehen. Er fühle sich alt, sagte er, er könne plötzlich außer Tätigkeit kommen, dann sei, wenn ich abwesend sei, niemand für diese Geschäfte zu brauchen. Ich habe ihm geantwortet, ich wäre unendlich lieber bei ihm und dem Kriege nah, als in einem bloßen Gesandtenposten, tue aber, was er für das Wichtigste halte. Liebe Seele, in Rücksicht Theodors allein ist der Krieg ein ordentliches Glück. Das Garnisonleben in dieser Jugend ist sein Verderben, im Kriege wird er noch eher wieder ernsthaft. Gedenke meiner mit Liebe, wie ich mit tiefer Sehnsucht. Ewig Dein H. 517