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[   Band 4 Brief 256:    Caroline an Humboldt     Berlin, 22. März 1815   ]


256. Caroline an Humboldt                   Berlin, 22. März 1815

Mein geliebtes Herz!
Der Major von Lützow hat durch den gestern abgegangenen
Kurier an Grolman geschrieben, um die Erlaubnis des
Königs zu seiner Verheiratung mit der Bertha *) einzu-
holen. Sei so gütig und empfiehl es Grolman sehr, denn Lützow
und Larochens wünschen außerordentlich, daß, wenn es zum Marsch
komme, die beiden noch vorher getraut werden, und sollte Lützow
auch 24 Stunden darauf marschieren. Larochens behalten, wie
natürlich in solchem Falle, die Tochter bei sich. Ich muß gestehen,
daß ich in dieser Sache in ihre Art zu sehen eingehe. In schicksal-
schweren Zeiten wie die unseren, muß man so wenig wie nur
irgend möglich dem Zufall überlassen. Wenn Du daher ein Wort
zur Empfehlung sagen kannst, so tue es, Du verbindest unsern
alten guten Carl damit außerordentlich.
Ich wende mich zur Beantwortung Deiner Briefe. Napoleon
scheint ja wieder zu wachsen, und die direkten Nachrichten, die
man hier über ihn hat, sind nicht beruhigend. Das Militär freut
sich ungemein.
Ich war gestern abend mit vielen und den ausgezeichnetsten bei
Gneisenau. Boyen, Röder, Pfuel, Rühl, Blumenstein, Marwitz
waren da und viele andere, auch Damen, wie die Generals-Witwe
v. L’Estocq, Frau v. Berg, Gräfin Voß, Pauline Neal, Madame
Schinkel, Schleiermacher, Savigny (natürlich auch die Männer von
diesen), und viele, die ich nicht kenne. Boyen sprach lange und
vertraut mit mir. Er glaubt, daß es höchst notwendig sei, daß
eine sichere etwa 40—50 000 Mann starke Truppe von den Unseren
in Frankreich hineinrücke, damit die dem König anhängenden
Franzosen sich an dieses Korps anschließen und es als einen Kern

———
*) Bertha v. Laroche.

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