< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 4 Brief 244:    Humboldt an Caroline    Wien, 18. Februar 1815   ]


244. Humboldt an Caroline                   Wien, 18. Februar 1815

Es waren kleine Komödien, zwei einfältige Stücke bei der
Bagration, alles im gewöhnlichen Schlag, wo man sich
seit vielen Jahren nicht über ein französisches Proverb
hinausschwingt. Diesmal war man wirklich bis zu einem Baude-
ville gekommen. Der Kaiser und König und Prinz Wilhelm
waren da. Der König sprach zwischen dem Stück und dem
Essen, wozwischen sehr viel Zeit verstrich, fast ganz aus-
schließend mit mir. Es ist das einzige Gespräch, was ich, seit er
hier ist, mit ihm hatte. Er redete über die eingegangenen Verträge
recht vernünftig und in sehr edler, einfacher Gesinnung, besonders
im Ärger, nicht ganz Sachsen zu haben, allein freilich auch in
der Manier, die immer schwarz sieht, nie zufrieden ist und gern
tadelt. Da ich der Menschen wegen vermeiden wollte, daß er
nicht zu tief einginge und vielleicht heftiger würde, hielt ich
mich auf einer Mittelstraße des Zugebens und Streitens.
Mit mir war er ungemein freundlich, und auch der Erbprinz
von Strelitz versichert, deutlich zu bemerken, daß er mir sehr
wohl will.
An der letzten wirklichen Zustandebringung und Unterschrift der
eingegangenen Punkte habe ich wirklich viel Teil, und der Teilung
Sachsens habe ich dadurch eine für uns sehr günstige Wendung
gegeben, daß ich, ohne Aufsehen und mehr durch Vermeidung als
Bestreitung der Einwürfe, die Bevölkerung zum Grundsatz der
Schuldenteilung angenommen habe, da dieser Grundsatz so sehr für
uns ist, daß wir nur sehr wenig Schulden übernehmen, dahingegen,
wenn ich, wie man verlangte, die Einkünfte angenommen hätte, sehr
viel auf uns gefallen wäre. Denn fast alle Domänen und Königliche
Waldungen sowie alle Salzwerke liegen in unserem, dagegen weniger
bevölkerten Anteil.

                                                                       478