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[ Band 4 Brief 235: Humboldt an Caroline Wien, 30. Januar 1815 ]
Staatskanzlers, ohne dessen Wissen es nicht geschehen könnte, daß ich mir nie das geringste Mißtrauen dagegen erlauben würde. Übrigens wäre es mir gleichgültig. Ich denke nicht einmal etwas, das ich, insofern ja nur von öffentlichen Dingen die Rede ist, dem König oder Hardenberg verschweigen müßte, und daß ich Dir manchmal von diesen Dingen rede, würde der Staatskanzler gar nicht übel ausnehmen. Er hat über das Vertrauen, das man hierin auf eine Frau setzen kann, sehr gute und sonst seltene Grundsätze. Du hast wirklich Lust, sehe ich, zu dem grünen Seelande *), und ich liebe sehr, daß Du viel siehst. Du hast die wahre und fruchtbringende Freude daran, und ich werde es immer für eine der besten Sachen halten, die ich im Leben getan habe, es möglich gemacht zu haben, daß Du doch einen großen Teil von Europa gesehen hast. Du hättest doch leicht einen Mann haben können, mit dem Du nicht aus Deutschland herausgekommen wärst. Ich habe noch zu einer Reise, die ich mit Dir machen möchte, Lust, das ist nach Teneriffa. Das ist gar nicht weit und gar nicht unmöglich, von London aus recht gut mit dem Genuß noch eines ruhigen Wohnens eine Sache von acht bis neun Monaten. Auch tue ich darauf nicht leicht Verzicht. Wenn das Leben lange genug dauert, setze ich es durch. Wenn Dir die Leute sagen, wie die Truchseß, daß ich Minister der auswärtigen Angelegenheiten werden würde, so widersprich mit Bestimmtheit, und glaube nicht daran. Ich halte alle die dicta, die man dem König beilegt, für falsch. Aber wären sie auch wahr, so muß man nur auf die Lage der Sachen sehen, und nach dieser ist es so gut als unmöglich. Solange der Staatskanzler in Tätigkeit bleibt, und es wäre ein großes Unglück, wenn er es nicht mehr wäre, ist ein Minister dieses Departements neben ihm überflüssig, ja so sehr, daß ich die Stelle, wie sie Goltz hatte als politischer ——— *) Einer Reise nach Dänemark, um Friederike Brun zu besuchen. 460