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[ Band 4 Brief 214: Humboldt an Caroline Wien, 16. November 1814 ]
und Gesellschaft dort mehr Verstand und selbst Geist und Gemüt haben und äußern, als leicht an einem anderen Ort. Ich hasse es gar nicht und lebte recht gern da. Der Pariser Platz! Gott, ist das der am Brandenburger oder Potsdamer Tor? Die Siege machen, daß man seine Vater- stadt nicht mehr kennt. Über den Kongreß kann ich Dir eigentlich nichts weiter sagen seit meinem letzten Brief. Die Dinge stehen noch schroff genug gegenein- ander, aber es ist auch noch viel Hoffnung, daß sie doch eine gute Wendung nehmen. Ich arbeite in dem Sinne und mit dem Eifer, den Du mir gewiß zutraust. Ich habe auch allerdings Einfluß. Aber die Gerüchte, die in der Stadt über mich fast allgemein herrschen, sind unglaublich lächerlich. Alles, worin man Preußen zu stark, zu hart, zu sehr auf sein Recht bestehend nennt oder glaubt, schreibt man mir zu und hält mich für einen durch und durch furchtbaren Menschen. Man bildet sich ein (ob ich gleich den König, seitdem er hier ist, nicht gesprochen habe), daß ich durch ihn eigentlich und oft gegen den Kanzler die Dinge leite, und behauptet, daß ich diesen nur zu stürzen trachte. Wie unwahr nun das ist, weiß niemand so gut als ich. Es ist es von allen Seiten. Ich bin überzeugt, daß der Kanzler die Dinge sehr gut führt, und wenn ich zu seinem eigenen unabhängigen Benehmen seinen Einfluß auf den König hinzurechne, bin ich überzeugt, daß ich gar nicht imstande wäre, den Geschäften auf diese Art vorzustehen. Dann liebe ich ihn, unabhängig von allen Geschäften und würde seinen Umgang und seine Freundschaft suchen, wenn ich auch ganz von allem öffentlichen Interesse getrennt wäre, bloß und einzig, weil er sehr gut von Gesinnung, liebenswürdig und mir gut ist. Endlich hätte ich nicht das mindeste Gefallen an seiner Stelle, und es ist mir lieb, daß er eine so gute Gesundheit hat, daß er länger leben wird, als vielleicht ich, und wenigstens als ich dienen werde. Denn es 420