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[ Band 4 Brief 213: Humboldt an Caroline Wien, 13. November 1814 ]
213. Humboldt an Caroline Wien, 13. November 1814 Die Bagration hindert mich nicht mehr am Schlaf, liebe Li, ich komme fast nicht mehr zu ihr, denn es sind die Stunden der Nacht die einzigen freien zur Arbeit, die doch ge- schehen muß. Ich gehe auch spätestens um 2 zu Bett, und daß es mich nicht angreift, sehe ich daraus, daß ich gut und fest schlafe. Ich trank wohl sonst auch allein Tee, aber es verliert sich so etwas mit den Jahren, und ich bin von einer Mäßigkeit, die mich immer frei und heiter und gesund erhält. Da ich jetzt wunderselten am Abend ausgehe, esse ich nur einmal in 24 Stunden und sehr wenig da und mache mir auch aus dem Kaffee den Morgen nichts. Sei also ja nicht besorgt um mich, teures Wesen. Es liegt allerdings nicht in meiner Natur, mich zu schonen, weil ich das Leben zwar liebe, aber nicht achte, und auch bei noch so langem Leben ja der Tod immer die längste Zeit bleibt, die es gar nicht der Mühe wert ist abzukürzen; allein mein Körper bedarf auch gar keiner Schonung. Er reicht immer zu allem hin, was ich tun muß, bei allen Arten zu leben bin ich gleich wohl, und noch bei ganz anderen Strapazen würde ihn mein inneres Sein erhalten, das nun einmal nicht ge- macht ist, sich mit dem Schicksal in Widerspruch zu setzen. Hier ist Frankreich ganz gegen Russland und seine Ideen mit Polen, sowie auch ganz gegen Sachsen. Sollten wir uns wirklich geradezu entscheiden müssen mit Rußland oder mit Österreich und England in dieser Sache zu stehen, so bin ich so entschieden für die letzte Meinung, daß ich alles daransetzen werde. Ich habe, aber das ist tiefes Geheimnis, ein deutsches Memoire darüber für den König gemacht, das ihm freilich nicht gefallen wird. Aber, liebe Li, es ist jetzt einer der wichtigsten Fälle, wo man entschieden handeln muß, und da muß man nicht dienen oder nur die eine Rücksicht des Rechten haben. Aber zum eigentlichen Bruch wird es nicht kommen. 418