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[ Band 4 Brief 202: Caroline an Humboldt Auleben, 13. Oktober 1814 ]
Ich habe Dir von Rudolstadt, geliebtes Herz, nicht wieder geschrieben, Gott weiß, ich konnte es nicht. Die Fürstin, Caroline, die Schillern, die Lengefeld, alle wollten mich haben und haben mich mit Liebe überhäuft, aber am Abend war ich mehr wie matt. Die Erschütterung, der verhaltene Schrecken über Thereses Gemütszustand hat schmerzlich auf meine Brust gewirkt. Ich fühlte gleich eine entsetzliche Spannung, seitdem ich hier bin, hat es sich mehr in eine stille Wehmut beim Wiedererblicken so vieler Gegenstände aus meinen Kinderjahren und unseres früheren Lebens aufgelöst, und ich muß oft weinen. Des Nachts muß ich aber beständig an das arme Geschöpf denken, wie sie sich wohl ruhelos abquält. Ich bin mit inniger Liebe Deine Caroline. 203. Humboldt an Caroline Wien, 2. November 1814 Ich habe einen längeren Zwischenraum zwischen meinem letzten und diesem Brief gelassen, liebe Li, weil es mir in der Ungewißheit, wann Du in Berlin eintreffen wirst, unnütz schien. Von diesem Augenblick an aber haben wir, solange der Kanzler hier ist, für unsern Briefwechsel alles gewonnen. Es gehen regelmäßig drei unserer Kuriere nach Berlin ab, und Du kannst mir nun frei sagen, was Du willst, und sicher sein, daß kein Brief geöffnet wird. Ich hoffe Dir jedesmal mit jedem Kurier zu schreiben. Wenn ich, wie jetzt, offen sein kann, habe ich keinen größeren Genuß auf Erden. Meine Lage hier, süßes Kind, ist, wenn Du willst, sehr ehren- voll, aber gar nicht angenehm. Ich bin bei allen Beratschlagungen und bei manchen allein, es ist keine Sache, um die mich der Staats- 398