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[   Band 4 Brief 201:    Caroline an Humboldt     Rudolstadt, 6. Oktober 1814   ]


mich dabei ungemein. Sie sehnt sich selbst in ein Krankenhaus.
Hier im Schloß nimmt alles den innigsten Anteil.
Ich muß heute hier abbrechen, ich bin erschöpft und matt,
aber Du weißt, ich sammle mich dann auch bald wieder. . . .


202. Caroline an Humboldt              Auleben, 13. Oktober 1814

Mein teures, liebes Herz!
Ich bin den 11. früh um 8 Uhr von Rudolstadt nach
Erfurt gefahren. Die Fürstin ließ mich fahren, alles
war sehr gut, nur die Wege konnte sie nicht besser machen,
und in jeder Jahreszeit bleiben diese fürchterlich. In Erfurt kam
ich bei guter Zeit an, besuchte einige alte Bekannte und verbrachte
so den Abend. Den 12. fuhr ich von Erfurt früh um 5 Uhr ab
und kam wohlbehalten hier an, wo ich seit 19 Jahren nicht war.
Heute komme ich erst am Abend dazu, Dir zu schreiben. Die
Visiten, die Pächter, die Justiz- und Amtsleute reißen sich um
mich. Dunker überschwemmt mich mit einer Flut gesammelter Akten
und Papiere, er ist durchaus wie der selige Papa. Aber rührend
gefreut hat er sich an dem Anblick der Kinder.
Der Vorfall mit Therese hat mich so angegriffen, daß ich es
Dir nicht genug sagen kann. Die Betrachtung, wie man vielleicht oft
an einem gräßlichen Schicksal vorübergeht, ohne es zu ahnden, auf
die man kommen muß, wenn einem dergleichen geschieht, hat mich
tief erschüttert. Den 7. kam die arme Therese ins Irrenhaus.
Mein Abschied von ihr war fürchterlich. Ich glaubte, das Herz
bräche ihr, solche auch physische Erschütterungen hatte die Arme.
Sie konnte nichts anderes sagen, als immer wiederholt: »Adieu,
la meilleure des maîtresses, ne m’abandonnez pas.«

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