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[ Band 4 Brief 201: Caroline an Humboldt Rudolstadt, 6. Oktober 1814 ]
Darauf gingen wir zum Tee zur Prinzessin Karl, wo auch die Fürstin von Sondershausen mit ihren zwei Kindern war. Alle von der Familie nahmen mich und die Kinder mit der aller- herzlichsten Freude auf, und um 7 Uhr kam die Fürstin mit Prinzessin Thekla und ihren jüngeren Söhnen. Sie war, wie Du sie kennst, gut, liebreich, zuvorkommend und schien sich sehr zu freuen, mich ein paar Tage hier zu haben. 7. Oktober So weit hatte ich geschrieben und bin dann durch Besuch von allen den Prinzessinnen abgehalten worden fortzufahren, und nun muß ich mich kurz fassen. Mir ist ein sehr unangenehmes Evenement begegnet, um das Du mich sehr bedauern wirst. Therese *), weißt Du, war leidend, als ich Bern verließ. Gestern war ich eben vom Abendessen aufgestanden, da ließ sie mich rufen und mir sagen, sie sei kränker geworden. Ich eilte in mein Zimmer. Sie fing an mich mit großer Heftigkeit zu bitten, den Hermann zu entfernen. Ich sagte ja und fragte, ob sie sich denn so sehr krank fühle. »Eh non,« erwiderte sie, »ce n’est pas cela. Je veux tout avouer, je ne puis plus le voir sans qu’il ne me viennent les idées les plus noires. Je l’aime, je l’adore, mais mon Dieu, si j’avais le malheur de lui enfoncer un couteau dans le corps! Je ne puis plus le voir sans que cette horrible idée ne se présente devant moi, je prie, je me jette à genoux, je demande à Dieu de m’ôter ces funestes pensées, mais quand je vois l’enfant je ne suis plus sure de moi.« Du kannst Dir meinen Zustand denken, indessen hielt ich mich doch, redete ihr zu, verbarg ihr meinen Schrecken und nahm das Kind zu mir. Heut ist sie ebenso, und wir werden sie in ein sehr gut eingerichtetes Irrenhaus bringen. Die arme Therese schmerzt ——— *) Französin bei den Humboldtschen Kindern. 396