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[   Band 4 Brief 196:    Humboldt an Caroline    Wien, 24. September 1814   ]


noch etwas vom Schönsten und Erhabensten in Europa, und ein
solcher Genuß ist ein dauernder Gewinn für das übrige Leben.
Ich fahre nun ruhig und heiter fort und bin morgen wieder
hier. Nur muß ich heute schließen. Ewig Dein    H.


197. Caroline an Humboldt              Heidelberg, 27. September 1814

Teures, geliebtes Herz!
Gestern mittag bin ich hier angekommen und hoffte einen
Brief von Dir beim Pfarrer Dittenberger zu finden,
allein, es war keiner vorhanden.
Von Schaffhausen bis hierher habe ich mich in Freiburg einen
halben und in Kehl einen ganzen Tag aufgehalten. In Freiburg
nicht allein wegen der schönen Kirche, auch weil etwas zerbrochen war.
Den Tag in Kehl benutzte ich, um nach Straßburg zu fahren. Du
weißt, ich habe in den verschiedenen Reisen und Hineingehen nach
Frankreich Straßburg nie gesehen. Wir fuhren früh von Kehl weg,
stiegen in einem Wirtshause in Straßburg ab, frühstückten und gingen
dann aus. Theodor war zu Schweighäuser *) gegangen und brachte
unseres Schweighäusers Schwager, Engelhardt **), zurück. Schweig-
häuser selbst war nach Genf gereist, und der Vater ***) war bettlägerig.
Wir trieben uns auf der Straße und die längste Zeit unten im
Münster herum, der mir ausnehmend gefiel. Die Fenster sind von
unaussprechlicher Schönheit und einer wunderbaren Harmonie von
Farbe. Doch Du kennst das alles und hast es länger wie ich gesehen.
Engelhardt ist ein freundlicher, recht gut deutsch gesinnter Mann.

———
*) Gottfried Schweighäuser, geb. 1776, † 1844, Philolog und Archäolog.
**) Christian Moritz Engelhardt, Redakteur in Straßburg.
***) Johann Schweighäuser, geb. 1742, † 1830, Hellenist.

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