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[ Band 4 Brief 186: Humboldt an Caroline Zürich, 1. August 1814 ]
Ich habe hier die ganze Zeit mit Ebel *) zugebracht, einige Stunden bei Capo d’Istria **) ausgenommen. Ich habe hier noch manches vorzubereiten gesucht. Am meisten denke ich auf eine feste Vereinigung der Schweiz mit Deutschland, die aber sehr schwierig ist, weil die Schweiz leider! wenig mehr deutsch ist. Man büßt hierin die Schuld der Väter, die alle Bande haben locker werden lassen. Ich mache noch einen besonderen Bericht an den König über die Verbindung der Schweiz mit Deutschland. Alles dies Schreiben wird wenig helfen. Es gibt in so wenigen Sinn für diese rein vaterländischen Dinge, die der Ansicht der meisten nach gar nicht recht zur vornehmen Politik gehören. Indes muß man immer arbeiten, wäre es auch nur für sich und für die, die einmal künftig ein altes Archiv durchblättern. Es hat vielleicht nie einen Zeitpunkt gegeben, wo man hätte mit so eiserner Hand darüber wachen müssen, daß hier die Grenze zwischen der billigen Gewalt und der notwendigen Freiheit, die ebenso notwendig als die Luft ist, richtig gehalten werde. Bei der eisernen Hand fällt mir ein Diktum Napoleons ein, das eins der witzigsten ist, die ein Mensch je gesagt hat, und das Du vielleicht nicht kennst. Er hat einmal gesagt: »Que le peuple Français de— mandait à être conduit par une main de fer avec un gant de velours.« Man kann die Nichtigkeit einer Nation nicht besser beschreiben als dadurch, daß sie das Eisen braucht, gezügelt zu werden, und nicht den Mut hat, es anders anzusehen, als wenn es mit Samt überzogen ist oder sich durch diese glatte Außenseite täuschen läßt. ——— *) Joh. Gottfried Ebel, geb. 1764, † 1830. Geographischer Schrift- steller und Arzt, seit 1810 in Zürich. **) Joh. Anton Graf Capo d’Istria, geb. 1776, † 1831. Griechischer Staatsmann, seit 1809 in russischen Diensten, 1811 der russischen Gesandt- schaft in Wien beigegeben, seit November 1813 Gesandter in der Schweiz. 370