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[ Band 4 Brief 186: Humboldt an Caroline Zürich, 1. August 1814 ]
undeutsch, denn in den besten deutschen Zeiten war es immer anders. Dagegen verstatten sie gerade auf verkehrte Weise den Frauen tausendfachen Einfluß auf die Ausführung im einzelnen was man schon darum nicht tun muß, weil wirklich große und edle Frauen diesen verschmähen und von selbst meiden. Der Rat der Frauen ist wie ein Stern, der durch die Wüste des Lebens leitet. Er zeigt die Richtung. Wie man es machen soll, um dieser Richtung durch Klippen und Umwege zu folgen, ist der eigenen Betriebsamkeit überlassen, die immer bei weitem kleinlicher ist und sein muß, woraus dann auch wieder die Pflicht der Frauen ent- steht, zufrieden zu sein, wenn man im Sinn und Geist gehandelt hat, und das Mangelhafte in der Ausführung zu übersehen und zu verzeihen. Aber verzeihe Du selbst, liebes Kind, daß ich so in Be- trachtungen gerate. Allein ich kann es nicht leugnen, wenig Dinge ärgern mich so im Leben, als die Art, wie die meisten Menschen das Verhältnis mit Frauen behandeln, wie sie alles vermischen und unrein machen, wie sie das Rechte verkennen und das Nichtige vergöttern, wie sie überweichlich oder überhart sind, wie sie zugleich verzärteln und unglücklich machen, wie sie selbst ihr Vergnügen so wenig verstehen, daß sie es nicht einmal die kurze Lebenszeit hindurch frisch und frei von Überdruß erhalten können. Es liegt mir unendlich daran, daß Du für Deine Gesundheit, woran mein und der Kinder Glück und selbst mein Leben, da ich Dich gewiß nicht lange überleben würde, abhängt, alles tust, was nur irgend möglich ist. Ich bin gewiß, liebe Li, wie ich war, als wir uns zuerst kannten, kein Mensch hat sich so wenig geändert als wir; wir sind eins, wie wir es je damals waren, und wir werden uns gewiß nie lange, auch durch das Schicksal nicht, trennen lassen. 369