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[ Band 4 Brief 181: Humboldt an Caroline London, 21. Junius 1814 ]
181. Humboldt an Caroline London, 21. Junius 1814 Ich schreibe Dir in Eil, liebe Li, und in wehmütiger Stimmung. Alles hat sich plötzlich verändert, und ich werde Dich nicht in der Schweiz besuchen können, jetzt gewiß nicht und späterhin höchstens auf einige Tage. Der Kaiser Alexander hat plötzlich den Einfall bekommen, daß es notwendig sei, daß er erst auf einige Wochen nach Petersburg gehe, ehe er nach Wien komme. Seine Ankunft dort ist also auf den 15. Sep- tember und der Anfang des Kongresses auf den 1. Oktober hin- aus verschoben. Dies ist im allgemeinen höchst schädlich, denn es verlängert auf die verderblichste Weise den provisorischen Zustand der eroberten Provinzen und Deutschlands, es ist es noch außerdem dadurch, daß tausend Dinge zwischen die endliche Entscheidung treten können. Ich sehe Vieles und Wichtiges in Gefahr und kann unmöglich ruhig dabei sein. Indes will ich jetzt nur von dem reden, was mich insbesondere betrifft. Es ist die Frage gewesen, wie es mit mir werden soll, und man hat vernünftiger gefunden, daß ich meine Pariser Ge- sandtschaft gleich antrete. Ich habe selbst dafür stimmen müssen, denn der Posten ist zu wichtig, um vernachlässigt zu werden, und wenn Goltz, der ihn jetzt hat, auch vollkommen fähig wäre, ihm vorzustehen, wenn man, wie man nicht tut, alles erforderliche Ver- trauen in ihn setzte, so ist er nur provisorisch in der Stelle und hält daher alles irgend Erhebliche nur hin. Der Kanzler ist zwar zu freundschaftlich gegen mich, um mir nicht dennoch vorher die Freiheit zu lassen, nach der Schweiz zu gehen, allein es wäre immer den Geschäften nachteilig gewesen, hätte die Hälfte der Zwischenzeit weggenommen und würde heimlich mit Recht getadelt worden sein. Ich habe also selbst gleich erklärt, daß ich darauf Verzicht tue. 358