< zurück Inhalt vor >
[ Band 4 Brief 178: Humboldt an Caroline London, Downing Street, ]
förmigkeit herrscht, so ist der Anblick der Volksmenge lange nicht so amüsant wie in Paris. In den Gesellschaften dagegen sieht man im Anzug und sonst sehr viel Karrikaturen. Überhaupt ist es närrisch, daß bei aller Züchtigkeit der Engländerinnen die Vor- nehmen sich viel freier tragen, als jetzt irgend jemand in Paris. Eine höchst wunderbare Mode, die durch alle Stände geht, ist, den ganz bedeckten Busen so auszustaffieren, daß er soviel als immer möglich vortritt. Die Gesellschaften, die es jetzt hier gibt, werden aber auch nur durch die Schönheit der Frauen interessant. Man bittet in ungeheuer engen Häusern einige hundert Menschen zusammen. Die immer sehr engen, aber niedlichen Treppen stehen voll von denen, die sich noch nicht hineindrängen können, und, statt daß die Frau vom Hause in Paris immer ihren festen und ausgezeichneten Sitz hat, so steht sie hier an der Tür, jetzt aber, bis die Souveräne kommen, meist oben an der Treppe. An ein Vorzimmer ist gar nicht zu denken, und die Schals hängt man gewöhnlich auf das Treppengeländer. Kleine Koterien, versichern Leute, die jahrelang hier sind, soll es, außer bei Fremden, gar nicht geben. Von Kunstsachen sind allerdings sehr schöne hier, wie ich, der ich doch nur verhältnismäßig sehr wenig davon sehen kann, schon bemerke, aber sie sind schwer und unbequem aufzusuchen, und das einzige öffentliche Museum ist sehr mittelmäßig. Die neuere Kunst hier steht noch weit unter der französischen. Es ist jetzt gerade eine Ausstellung, aber von fast 900 Gemälden und Skulptursachen, die dort sind, fand ich, ein paar doch auch nur mittelmäßige Land- schaften abgerechnet, schlechterdings nicht eins, das mir gefallen hätte. Alexander hat bei den Malern selbst noch mehr gesehen, ist aber ganz meiner Meinung. Bei Alexander fällt mir ein, daß das eine neue Seite an ihm ist, die Dich sehr überraschen wird, daß er sich sehr viel mit 351