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[ Band 4 Brief 178: Humboldt an Caroline London, Downing Street, ]
bei meinem Weggehen noch viel übrigbleiben wird, ob ich mich gleich ganz auf London einschränke und die Partien nach Wool- wich, Oxford und Portsmouth nicht mitmache und so gut als gar keine Geschäfte habe. Die Frage, wie einem die Stadt und das Land gefallen, und ob man gern hier ganz leben würde, ist nicht eben leicht zu be- antworten. Eine Sache, mit der man wohl anfangen kann, würde Dich vorzüglich sehr traurig machen, das ist der fast ohne Aus- nahme trübe und bewölkte Himmel und die entweder rauhe oder dickschwüle Luft. Die reizendsten Parke verlieren dadurch von ihrer Anmut, und man gäbe gern etwas von der Frische des Grüns auf der Erde weg, um heiteres Blau über sich zu sehen. Dieser Sommer mag zwar wohl vorzüglich übel sein, allein alle gestehen zu, daß das Wetter, den Herbst abgerechnet, den man lobt, meist un- freundlich und trüb ist. Die Natur rund um London herum ist nicht schön, nichts was man im wahren Verstande malerisch nennen könnte, aber sie ist so reich an Häusern, Gärten, Parks und Wiesen, daß sie allerdings dadurch einen eigenen Reiz erhält. Dabei ist die Themse einer der schönsten Flüsse, der es noch mehr durch die Ebbe und Flut wird, die sich bis weit hinein ganz sichtbar erstreckt. Auf dem Lande um London herum zu wohnen, würde mich noch weniger als anderwärts reizen. Denn es ist da auch kein Schatten von Einsamkeit, überall Häuser wie in der Stadt und Spazier- gänger wie in den Parks in London selbst. Das Herumgehen in den Straßen ist freilich viel bequemer als in Paris und angenehm durch die Reinlichkeit, die Wohlhabenheit und großenteils die Schön- heit, die man in den Menschen, vorzüglich den Frauen, bemerkt. Man sieht kaum einen Bettler. Allein die Armenanstalten im ganzen Reich kosten auch elf Millionen Pfund jährlich. Da aber in dem Anzug und allem übrigen eine fast ermüdende Ein- 350