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[   Band 4 Brief 171:    Caroline an Humboldt     Bern, 28. Mai 1814   ]


Ich fange nunmehr an, Deine teuren Briefe zu beantworten,
was ich wirklich in Zürich nicht konnte. So ein Gasthofzimmer,
in dem alles aus und ein läuft, Hermann tobt, hat seine Schwierig-
keiten, und am Abend war ich sehr müde und in Zürich sehr un-
wohl. Die Reise her ist’s mir leidlich gegangen. Nur der krampfige
Schmerz in der Gegend des Herzens, darunter eigentlich, verläßt
mich nicht. Es hat mich sehr geschmerzt, Dir in den letzten Tagen
in Wien so wenig zu schreiben, allein, Gott weiß, ich konnte es
nicht. Ich weiß zuletzt nicht, wie ich fortgekommen bin. Abreisen
und zugleich Ausziehen ist zuviel, zumal wenn man der Dienst-
boten nicht sicher ist.
Theodor erwarte ich nunmehr täglich. Ich freue mich un-
beschreiblich, den guten Jungen zu sehen. Er wird doch wohl ein
paar Wochen bei mir bleiben?
Ich fühle recht Deine Liebe, teures Herz, indem Du bei
Deinen unendlichen Geschäften noch immer suchst, so oft wie
möglich mir zu schreiben. Caroline hat sich sehr Deiner Erinnerung
gefreut. Ja, es war ein furchtbar schmerzlicher Tag. Ich mag
nichts darüber sagen, daß Du meinen Tod nicht überlebt hättest,
wenn er die Folge dieser Entbindung gewesen wäre. Jeder Mensch
muß das mit sich ausmachen, und es gibt Abgründe in einer
Brust, wo Flächen in der anderen sind. Allein das selbstgewählte
Gehen aus dem Leben hat etwas so Geheimnisvolles, der Tod
hat überhaupt dies Geheimnisvolle, der Tod gehört so eigentlich
zum Leben; obgleich er dann das einzelne verschwinden macht, ge-
hört er doch dazu, daß man sich kein Leben ohne Tod denken kann.
Ach Gott! Es gibt Schmerzen und Verworrenheiten im Menschen-
leben, — daß doch ja keiner richten wolle über den anderen! Jede
Hilfe leisten, jede Freude spenden, mit der man vom Herzen zum
Herzen dringt, jede Träne ehren, jedes Gemüt, soweit man es
erkennt, zu begreifen suchen, streng gegen sich, nachsichtig gegen

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