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[   Band 4 Brief 163:    Humboldt an Caroline    Paris, 26. April 1814   ]


Von Künstlerateliers war ich bis jetzt nur bei Gérard *), mehr
aus Höflichkeit für Alexander als aus eigener Lust. Alexander
macht, wie Du denken kannst, sehr viel aus ihm und aus der
ganzen französischen Kunst. Den Belisar hat er nicht mehr bei
sich, auch gibt es von ihm ein ungeheures Gemälde der Schlacht
von Austerlitz, was nicht bei ihm ist. Ich sah in seiner unendlich
großen Werkstatt nur zwei historische Gemälde: Homer, wie er auf
einer wüsten Insel allein mit einem jungen Mädchen ist, die
Muscheln für ihn sucht, und Amor und Psyche. Das erste Bild
ist nach einer Sage über Homer gemacht und eine Art Gegenstück
vom Belisar. Schon daraus und aus dem Sujet siehst Du, wie
das ganze Bild wieder auf einer Art von Verstandespointe beruht,
die Jugend im Gegensatz mit dem Alter, die Unbefangenheit mit
dem Unglück. Das Gesicht des jungen Mädchens hat etwas
Grelles und gar nicht Antikes, der eine Fuß, den sie hinter dem
andren hält, macht eine gezwungene Stellung und scheint mir
sogar verzeichnet, und der arme Homer hat ganz graues Fleisch.
Aber was hilft’s, das wird doch alles bewundert. Amor und
Psyche sind zwei ganz langbeinige, aber trotz ihrer Nacktheit sehr
anständige Personen, sie sehen aus, als frören sie, und weder von
schönem Fleisch noch schönen Formen kann die Rede sein.
Außer diesen beiden Bildern hat er eine Menge Porträts, die
mir zum Teil viel besser gefallen. Vorzüglich ist eins von Made-
moiselle Mars, der Schauspielerin, das mit vieler Liebe zum Gegen-
stand gemalt und wirklich recht hübsch ist. In einer besonderen
Stube sind jetzt alle zahlreichen Porträts der kaiserlichen Familie
relegiert. Von Napoleon selbst sind zwei merkwürdige Bilder da,
eins von der Zeit, wie er eben Kaiser geworden war, und eins aus
der letzten Zeit. Es ist wirklich unter beiden Köpfen ein merk-
würdiger Unterschied, und der letzte zeigt ordentlich eine ganz ent-

———
*) Vgl. S. 311.

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