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[ Band 4 Brief 148: Caroline an Humboldt Wien, 2. April 1814 ]
Die Gewalt der Zeit ist eigentlich unleugbar, allein die, gegen die sich einem das Herz am tiefsten sträubt und ewig rebelliert. Ich wenigstens. Und ich kann beteuren, daß es Schmerzen gibt, die mir neu und zerreißend sind wie an dem Tage, wo sie mich trafen. O Gott, was bliebe bei den flüchtigen Jahren einem denn, wenn Schmerz und Freude einem nicht gegenwärtig blieben! Die Kinder grüßen aufs zärtlichste, und ich bin ewig Deine Li. 149. Humboldt an Caroline Dijon, 30. März 1814 Der hiesige Aufenthalt, liebe Li, ist angenehm und glänzend zugleich. Es kommt Siegesnachricht über Siegesnach- richt. Die Besetzung von Lyon und Bordeaux sind Dir bekannt. . . . Daß ich jetzt doch Alexandern in Paris sehe, wird mit jeder Stunde wahrscheinlicher, die Dinge rücken mächtig zur Entscheidung heran, und man kann nunmehr ohne Furcht vor der Nemesis sagen, daß unser eigentlicher Widersacher nicht mehr zu fürchten ist. Schwarzenbergs letzter Bericht vom 27. morgens ist aus Tressoux. Von da hat man zwei kleine Märsche bis Paris, und ein Feind stand eigentlich nicht mehr zwischen der Armee und der Hauptstadt. Über Napoleon wissen wir nun auch viel genauere Dinge. Der arme Wessenberg *) nämlich ist auf seiner Reise von Nancy nach dem Hauptquartier in St. Thiebault von mehreren Hundert Bauern angefallen, ausgeplündert und zu Napoleon gebracht worden, der ihn sehr freundlich behandelt, und, jedoch ohne ihm das Mindeste von dem Entwandten zurückgeben zu lassen, zu uns ——— *) Johann Philipp Freiherr v. Wessenberg-Ampringen, geb. 1773, † 1858, österreichischer Staatsmann, der 1813 das Bündnis zwischen Österreich und England geschlossen hatte. 290