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[   Band 4 Brief 146:    Humboldt an Caroline    Chatillon sur Seine, 24. März 1814   ]


dieser Umstand, wenn man sich gut beträgt, auf keine Weise
schlimm. Er ist von gewisser Seite sogar gut, denn er zeigt, daß
Napoleon sich in einer verzweifelten Lage glaubt, und wenn man
eine Schlacht gegen ihn gewinnt, wird seine Rettung äußerst
schwierig.
Allein für die Lage der Kabinette und des Kaisers Franz
war die Sache zwar gar nicht im mindesten gefährlich, allein un-
angenehm. Troyes, Bar sur Aube und die ganze Gegend kamen
nun außer den Kreis der Armeen, und man konnte also nicht dort
bleiben. Zur Schwarzenbergischen Armee konnte man auch nicht
mehr, ohne in wirkliche Gefahr zu kommen. Es blieb also nur
über, sich hierher zur Bianchischen *) Armee zu begeben.
Der Kaiser ritt heute früh um 6 Uhr mit seiner gewöhn-
lichen Eskorte aus, und Castlereagh, Hardenberg, der Wiener
Hardenberg, Graf Münster und alles, was von uns Pferde hatte,
begleitete ihn zu Pferde, und so sind wir hier vor einer halben
Stunde angekommen. Allein die letzten lieues bin ich mit
dem Staatskanzler gefahren, weil er gern mit mir sprechen
wollte.
In Bar sur Aube sind wir sehr vergnügt gewesen, wie über-
haupt der Staatskanzler das Talent hat, bei einem gar nicht kost-
baren Tisch, der nichts als eine einfache Hausmannskost ist, die
Menschen durch eine große Gutmütigkeit und Jovialität und so
durch und durch in alle Kleinigkeiten gehende Loyalität sehr lustig
zu erhalten. Gestern mittag aß Metternich da, und es war von
Kunth, und daß er mich erzogen hätte, die Rede. Metternich
sagte, er wisse gar nicht, wie ihm zumute sein würde, wenn er
in dem Fall wäre, mein Erzieher gewesen zu sein, und Ancillon
meinte que Kunth devait toujours passer de l’effroi à l’admiration,

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*) F. M. Lt. Bianchi befehligte die Reservedivision der österreichischen
Südarmee.

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