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[   Band 4 Brief 145:    Humboldt an Caroline    Bar sur Aube, 22. März 1814   ]


aber hinter Vendeuvre geht eine alte verlassene Chaussee ab, die
eine Stunde näher ist, und auf der unsere Fußgarde eben marschierte.
Das reizte mich, und ich nahm sie, ohne zu wissen, daß der Weg
doch jetzt nicht ratsam ist, allein zu machen. Wie ich der Garde
voraus war, begegnete ich keiner Menschenseele mehr, kam nur durch
ein Dorf und ritt meist durch enge Felsendefilees, Bergschluchten
und Wald. Es ist die bequemste Gelegenheit da, von den Bauern,
die sich jetzt dies Vergnügen oft machen, erschossen oder mißhandelt
zu werden, und einen armen Chirurgen der Garde, der nur einige
tausend Schritt zurückgeblieben war, haben sie wirklich gestern
abend auf diesem Wege beraubt und halb totgeprügelt. Mein
Kosak ist ein blutjunger, beherzter Mensch, ich hatte auch einen
Degen, unsere beiden Pferde waren gut, also kann ich nicht sagen,
daß ich mich gefürchtet habe. Dabei war das Wetter himmlisch,
ein wahrer Sommerabend. So in der Abenddämmerung ritten
wir an dem einzigen Dorfe vorbei, das auf dem Wege liegt, und
ich fand vor der Tür eines etwas abgelegenen Hauses eine Bauern-
frau mit einem Kinde auf dem Schoß und zwei Knaben neben ihr
sitzen, die alle entsetzlich weinten. Ich hielt still, und stell Dir vor,
sie erzählte mir, daß sie seit vielen Tagen keine andere Speise
hätten, als das Fleisch der sterbenden und toten Pferde, die in
der Gegend herumliegen, daß sie eben ihre beiden Knaben ausge-
schickt habe danach, und daß sie auch das nicht mehr gefunden
hätten. Das Elend in den Orten, die so an der Straße liegen, ist
unbeschreiblich, allein so ist es freilich nur in einem kleinen
Strich.
Mit einbrechender Nacht kam ich in Bar sur Aube an, das auch
einen ziemlich furchtbaren Anblick gewährt. Da es mehrmalen ge-
nommen und wiedergenommen ist, so sind viele Häuser zerstört,
jetzt liegt der Ort so voll, daß mehrere von uns die Nacht haben
im Wagen bleiben müssen, und Biwaks und Wachtfeuer sind rund-

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